Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamer Verzicht auf Differenzlohnansprüche aufgrund Ausgleichsklausel in Aufhebungsvertrag auf Anregung der Leiharbeitnehmerin

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Klausel in einem auf Initiative des Arbeitnehmers zustande gekommenen, jedoch von dem Arbeitgeber vorformulierten Aufhebungsvertrag, wonach die Parteien auf darüber hinaus gehenden Forderungen verzichten, benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB auch wenn die von dem Arbeitnehmer aufgegebenen Ansprüche die des Arbeitgebers wirtschaftlich deutlich überwiegen.

 

Normenkette

BGB § 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2; AÜG § 10 Abs. 4; BGB § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 397 Abs. 2, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stendal (Entscheidung vom 02.05.2012; Aktenzeichen 4 Ca 1546/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.02.2016; Aktenzeichen 5 AZR 258/14)

 

Tenor

A. Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungs- und der Berufungsbegründungsfrist gewährt.

B. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 02.05.2012 - 4 Ca 1546/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Klägerin soweit sie Vergütungsansprüche in Höhe von 21.206,31 Euro brutto nebst Zinsen geltend macht zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche der Klägerin nach Maßgabe des Equal-pay-Grundsatzes.

Die Klägerin war vom 10.06.2008 bis 30.09.2011 bei der Beklagten, einem Personaldienstleistungsunternehmen, als Produktionshelferin beschäftigt.

Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich u. a. nach dem Arbeitsvertrag vom 21.08.2008 (Bl. 8 bis 14 d. A.) sowie nach einem undatierten Arbeitsvertrag (Anlage K 5 - Bl. 18 f d. A.), der die Rechtsbeziehungen der Parteien seit 01.01. bzw. 01.04.2010 regelt.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin weitere Vergütung für den Zeitraum 10.06.2008 bis 30.09.2011 in Höhe von 21.206,31 Euro brutto geltend.

Im maßgeblichen Zeitraum war die Klägerin bei den M GmbH, der V GmbH F, der S Handelsgesellschaft mbH sowie der S als Leiharbeitnehmerin eingesetzt. Auf Basis der von ihr seit 08.06.2011 bei den vorgenannten Unternehmen eingeholten Auskünfte über die dort einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gezahlte Vergütung errechnet die Klägerin den vorstehend genannten Bruttobetrag. Zu den weiteren Einzelheiten dieses Rechenwerkes wird auf die Anlage K 13 der Klageschrift (Blatt 36 bis 63 d. A.) verwiesen.

Weiter begehrt die Klägerin für die Jahre 2008 bis 2010 die Abgeltung von nicht in natura genommenen insgesamt 20 Urlaubstagen in Höhe von 1.506,89 Euro brutto. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Rechenwerkes wird auf die Klageschrift Seite 5 (Bl. 5 d. A.) verwiesen.

Nach erfolgloser vorprozessualer Geltendmachung mit Schreiben vom 04.11.2011 (Bl. 29 f d. A.) verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche mit der am 09.12.2011 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 30.09.2011 aufgrund eines von den Parteien am 15.09.2011 geschlossenen Aufhebungsvertrages (Bl. 127 d. A.), dem der folgende Inhalt zukommt:

Auf Wunsch von Frau K., geboren am ...1967, wird der mit der Firma G geschlossene Arbeitsvertrag in gegenseitigem Einvernehmen zum 30.09.2011 beendet.

Frau K. erhält bis zum 30.09.2011 ihren Urlaub. Der restliche Urlaubsanspruch gilt als genommen.

Überstunden aus dem Arbeitszeitkonto werden mit der letzten ordentlichen Lohnzahlung zum 20.10.2011 abgerechnet und bezahlt.

Frau K. beräumt ihren Schrank und gibt ihre Arbeitssachen, ein Messer sowie den Spindschlüssel vom M bis zum 20.10.2011 ab.

Beide Parteien verzichten auf darüber hinaus gehende Forderungen.

Dieser Aufhebungsvertrag ist auf Initiative der Klägerin zustande gekommen, der aufgrund eines geplanten Arbeitgeberwechsels an einer kurzfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der für sie geltenden Kündigungsfrist gelegen war. Sie hat zu diesem Zweck am 15.09.2011 das Büro des Geschäftsführers der Komplementär GmbH der Beklagten aufgesucht und diesen um eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gebeten. Im Rahmen des sodann geführten Personalgespräches ist jedenfalls über die Abwicklung von Urlaubsansprüchen und den Ausgleich des Arbeitszeitkontos zwischen den Parteien gesprochen worden. Der Geschäftsführer hat die diesbezügliche Erörterung stichwortartig auf einem Notizzettel festgehalten und sodann den vorstehend zitierten Aufhebungsvertrag durch seine Sekretärin fertigen lassen. Im Anschluss daran erfolgte die Unterzeichnung des Vertrages durch beide Parteien. Ob im Rahmen des Personalgespräches auch über Ansprüche der Klägerin auf Equal-pay diskutiert worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin hat hierzu behauptet, in dem Gespräch sei es hauptsächlich um die Regelung der noch offenen Urlaubsansprüche gegangen. Darüber hinaus sei über den Ausgleich des Arbeitszeitkontos gesprochen worden. Equal-pay-Ansprüche seie...

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