Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderurlaub als Bereitschaftsdienstausgleich
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Ermittlung der Nachtarbeitsstunden i.S.v. § 28 Abs. 3 TV-Ärzte VKA sind die Bereitschaftsdienstzeiten zu berücksichtigen. Dies ergibt eine Auslegung.
Normenkette
TV-Ärzte-VKA § 28 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Urteil vom 29.04.2009; Aktenzeichen 7 Ca 1574/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 29.04.2009 – 7 Ca 1574/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Gewährung von tariflichem Sonderurlaub im Umfang von 4 Arbeitstagen für das Jahr 2007.
Der Kläger, …, ist seit 01.08.2006 bei der Beklagten als Assistenzarzt beschäftigt. Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmen sich nach dem Arbeitsvertrag vom 20.07.2006 (Bl. 4 – 6 d.A.). Weiter findet nach dem unstreitigen Sachvortrag auf die Rechtsbeziehungen der zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) abgeschlossene Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) Anwendung.
Der Kläger hat im Jahr 2007 mehr als 600 Stunden in Form von Bereitschaftsdiensten während der Nachtzeit (21.00 bis 6.00 Uhr) abgeleistet.
Er vertritt die Auffassung, ihm stehe als Ausgleich für diese Bereitschaftsdienste nach Maßgabe des § 28 Abs. 3 TV-Ärzte/VKA Zusatzurlaub im Umfang von 4 Arbeitstagen zu, weil die vorgenannte Regelung nach dem eindeutigen Wortlaut des Tarifvertrages auch Nachtarbeitsstunden in Form von Bereitschaftsdienst unabhängig davon, ob tatsächliche Arbeitsleistung angefallen ist, erfasse. Mit Schreiben vom 27.12.2007 (Bl. 55 d.A.) hat der Kläger diese Ansprüche erfolglos geltend gemacht.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für das Jahr 2007 im Jahre 2008 4 Tage Zusatzurlaub gemäß § 28 Abs. 3 des Tarifvertrages für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zu gewähren, hilfsweise festzustellen, dass dem Kläger der vorgenannte Anspruch zusteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten § 28 Abs. 3 TV-Ärzte/VKA erfasse nur tatsächlich abgeleistete Nachtarbeit im Rahmen der regulären Dienstplaneinteilung. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Tarifnorm. Jedenfalls zwischen der Gewerkschaft ver.di und der VKA habe Einigkeit bestanden, dass die Vorgängerregelung in § 48 a BAT inhaltlich unverändert übernommen werden sollte. Diese schließe jedoch die Berücksichtigung von Bereitschaftsdiensten in Abs. 6 ausdrücklich aus. Durch die zwischen dem Marburger Bund und der VKA am 17.08.2006 getroffene „Eckpunkte”-Regelung (Bl. 92 – 100 d.A.) habe auch der Marburger Bund ein diesbezügliches Verständnis der Tarifregelung akzeptiert. Der nachfolgend zwischen der VKA und ver.di vereinbarten Ergänzung der dem § 28 Abs. 3 TV-Ärzte/VKA entsprechenden Tarifnormen im TVöD, wonach für den Zusatzurlaub Bereitschaftsdienste nicht mit zu berücksichtigen sind, komme lediglich klarstellende Funktion zu.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.04.2009 der Klage (Hauptantrag) stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dem Kläger stehe als Schadenersatz ein Anspruch auf Zusatzurlaub von 4 Tagen für das Jahr 2007 zu. Dieser sei gemäß § 28 Abs. 3 TV-Ärzte/VKA entstanden, da nach dem eindeutigen Wortlaut des Tarifvertrages die in den Nachtstunden geleisteten Bereitschaftsdienste mit zu berücksichtigen seien. Ein möglicherweise hiervon abweichender Wille der Tarifvertragsparteien habe im Wortlaut keinen ausreichenden Niederschlag gefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Bl. 212 – 225 d.A. verwiesen.
Gegen dieses, ihr am 06.05.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.05.2009 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.07.2009 am 29.07.2009 begründet.
Mit ihrem Rechtsmittel hält sie ihren Klagabweisungsantrag unter Vertiefung ihres bereits erstinstanzlich vertretenen Rechtsstandpunktes aufrecht. Sie vertritt ergänzend die Auffassung, jedenfalls seien im Rahmen des § 28 Abs. 3 TV Ärzte/VKA Bereitschaftsdienstzeiten nur insoweit zu berücksichtigen, wie tatsächliche Arbeitsleistung angefallen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 29.04.2009 – 7 Ca 1574/08 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeits...