Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Verfahrensgang
ArbG Dessau (Urteil vom 08.12.1994; Aktenzeichen 11 Ca 27/93) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau vom 08.12.1994 – 11 Ca 27/93 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte DM 9.785,21 nebst 4 % Zinsen seit dem 31.01.1995 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten sich darum, ob der Klägerin Ansprüche aus einem früheren, aber höher dotierten Sozialplan oder nur aus einem späteren – „ablösenden” – und niedriger dotierten Sozialplan zustehen.
Die bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen langjährig beschäftigte Klägerin unterzeichnete am 10.09.1991 einen Aufhebungsvertrag, aufgrund dessen ihr Arbeitsverhältnis zu der Beklagten am 31.12.1991 beendet worden ist.
In diesem Aufhebungsvertrag vereinbarten die Parteien u. a. – soweit hier von Bedeutung –:
Frau L. steht eine Abfindung zu, deren Berechnung sich aus tariflichen bzw. betrieblichen Regelungen ergibt.
Die Zahlung der Abfindung wird spätestens beim planmäßigen Ablaufen der Arbeitsbeschäftigungsmaßnahme fällig.
Die Beklagte zahlte an die Klägerin aufgrund dieser Vereinbarung eine Abfindung von 2.712,– DM.
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin einen weitergehenden Abfindungsbetrag von 8.628,– DM nebst Zinsen.
II. Zwischen den Parteien ist nicht umstritten, daß der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch aus einem Sozialplan aus dem Jahre 1991 zusteht. Umstritten ist jedoch die Höhe des Abfindungsanspruchs.
III. Dem Streit der Parteien liegt zugrunde, daß die Beklagte mit ihrem Betriebsrat am 19.03.1991 einen Sozialplan vereinbart hat (im folgenden: 1. Sozialplan). Diesen Sozialplan zugrundegelegt hat die Klägerin den von ihm geltend gemachten zusätzlichen Abfindungsanspruch.
Allerdings vereinbarte die Beklagte mit ihrem Betriebsrat am 01.11.1991 einen weiteren Sozialplan (im folgenden: 2. Sozialplan). Dieser Sozialplan modifizierte den 1. Sozialplan dergestalt, daß er eine neue, gegenüber dem 1. Sozialplan für die betroffenen Arbeitnehmer ungünstigere Berechnungsformel enthält. Er bezieht sich auf Kündigungen bzw. betriebsbedingte Aufhebungsverträge, die im Zeitraum „1.04.1991 bis 31.12.1991” – und damit rückwirkend – ausgesprochen bzw. abgeschlossen worden sind. Zum Abschluß des 2. Sozialplanes kam es, weil die Treuhandanstalt (im folgenden: THA), die Alleingesellschafterin der Beklagten, sich weigerte, die Abfindungsansprüche des 1. Sozialplanes zu bedienen. Sie erklärte sich lediglich bereit, Zahlungen nach Maßgabe des 2. Sozialplanes zu leisten, der insoweit den Abfindungsrichtlinien der gemeinsamen Erklärung zwischen Treuhandanstalt, DAG und DGB vom 13.04.1991 entsprach.
IV.1. Im Jahre 1993 leitete die Beklagte als Antragstellerin gegen ihren Betriebsrat als Antragsgegner ein Beschlußverfahren ein mit den Anträgen
- festzustellen, daß die fristlose Kündigung vom 04. Juni 1991 des Sozialplanes vom 14. März 1991 wirksam ist;
- festzustellen, daß für den Fall der wirksamen fristlosen Kündigung der Sozialplan vom 14. März 1991 nicht über den Zeitpunkt seiner Kündigung nachwirkt;
- festzustellen, daß der Sozialplan vom 01. November 1991 den Sozialplan vom 14. März 1991 ab 01. April 1991, hilfsweise ab 04. Juni 1991, ersetzt hat.
Der Betriebsrat hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
2. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Antrage der Beklagten im Beschlußverfahren zunächst zurückgewiesen (Az.: 5 TaBV 4/93 Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt). Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten hat das BAG mit Beschluß vom 10.08.1994 – 10 ABR 61/93 – AP Nr. 86 zu § 112 BetrVG 1972 = NZA 1995, 314 – im folgenden: Beschluß des BAG – den Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung nach Maßgabe der Gründe des Beschlusses vom 10.08.1994 zurückverwiesen.
In dem Beschluß vom 10.08.1994 hat das BAG – gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG i.V.m. § 565 Abs. 2 ZPO mit Bindungswirkung für das Landesarbeitsgericht – entschieden, daß
- die Kündigung des 1. Sozialplans durch die Beklagte vom 04.06.1991 als fristlose wie auch als fristgemäße Kündigung unwirksam war,
- der 2. Sozialplan den 1. Sozialplan rückwirkend ab dem 01.04.1991 ersetzt bzw. – hinsichtlich des Abfindungsanspruchs – modifiziert hat, weil die Erwartung der Betriebspartner, die THA werde den 1. Sozialplan finanzieren, Geschäftsgrundlage des 1. Sozialplans geworden sei, die sich aber nicht erfüllt habe, falls – und dies sei vom Landesarbeitsgericht noch festzustellen –, die Beklagte den 1. Sozialplan nicht aus eigenen Mitteln erfüllen könne.
Des näheren wird auf die Gründe des BAG-Beschlusses vom 10.08.1994 verwiesen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat zu der Frage, ob die Beklagte in der Lage (gewesen) sei, den 1. Sozialplan aus eigenen Mitteln zu finanzieren, ein Sachverständigengutachten eingeholt, das unter dem 15.03.1996 erstellt worden ist. Dieses ...