Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Urteil vom 19.06.1996; Aktenzeichen 5 Ca 1107/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 19.06.1996 – 5 Ca 1107/96 – abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 40.000,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.03.1996 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung eines restlichen Sozialplananspruchs.
Im August 1994 teilte die Beklagte der bei ihr beschäftigten Klägerin mit, sie werde zum 30.09.1995 betriebsbedingt gekündigt werden. Daraufhin schlossen die Parteien am 19.08.1994 eine „Vereinbarung” im wesentlichen folgenden Inhalts:
1. Das bestehende Arbeitsverhältnis endet auf Veranlassung des Arbeitgebers aus dringenden betrieblichen Gründen mit Ablauf des 30.09.1995.
…
Frau Herrmann erhält eine Abfindung gem. §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 40.000,– DM.
…
Die Abfindung ist zur Auszahlung fällig mit der letzten Lohnabrechnung.
…
5. Mit der Durchführung dieses Vertrages sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt.
Am 05.01.1995 schlossen die Beklagte und ihr Betriebsrat eine als „Sozialplan” bezeichnete Betriebsvereinbarung ab. Diese lautet, soweit vorliegend von Interesse, wie folgt:
Betriebsvereinbarung
SOZIALPLAN…
Zum Ausgleich bzw. Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, nachfolgend Arbeitnehmer genannt, durch Umstrukturierungsmaßnahmen und Anpassungen an technische Entwicklungen, insbesondere durch die Inbetriebnahme des Druckzentrums Barleben, entstehen, wird folgender Sozialplan vereinbart:
§ 1
Geltungsbereich
Diese Vereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, die von den genannten Maßnahmen betroffen sind, insbesondere infolge dieser Maßnahmen betriebsbedingt ausscheiden oder versetzt werden müssen. …
§ 3
Kündigungen und soziale Auswahl
Zur Vermeidung von kündigungsschutzrechtlichen Auseinandersetzungen bietet die Geschäftsführung jedem von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der betriebsbedingten Kündigung den Abschluß eines Abwicklungsvertrages mit einer Abfindungszahlung an. …
§ 4
Abfindung bei Verlust des Arbeitsplatzes
1. Der von der Entlassung betroffene Arbeitnehmer hat einen Abfindungsanspruch, …
§ 7
Inkrafttreten
Diese Betriebsvereinbarung löst den Sozialplan vom 17.03.1992 ab. Sie tritt mit dem Tag der Unterzeichnung in Kraft. …
In einem Schreiben des Geschäftsführers Lange der Beklagten an den Betriebsrat vom 05.01.1995 heißt es wie folgt:
Sehr geehrte Frau B.
Bezug nehmend auf § 7 des Sozialplans sind sich die Betriebsparteien einig, daß die Leistungen aus diesem Sozialplan mit Rückwirkung für alle Fälle gelten, wo die Kündigungen oder Abwicklungsvereinbarungen ab dem 11.11.1994 vorgenommen worden sind.
Dieses Schreiben ist von Frau B. gegengezeichnet.
Einen Interessenausgleich haben die Betriebsparteien in diesem Zusammenhang nicht abgeschlossen.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Klägerin aus diesem „Sozialplan” eine Abfindung von 80.000,– DM zu beanspruchen hätte, mithin über die aufgrund des Aufhebungsvertrages bereits gezahlten 40.000,– DM hinaus weitere 40.000,– DM, wenn sie, die Klägerin, diesem Sozialplan unterfiele.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 40.000,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1.03.1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Sozialplan vom 05.01.1995 sei eine „freiwillige Betriebsvereinbarung”, weil ihm keine Betriebsänderung zugrunde liege. Jedenfalls finde er auf die Klägerin keine Anwendung, denn sie sei aufgrund der Vereinbarung vom 19.08.1994 ausgeschieden. Der Sozialplan finde jedoch erst für Kündigungen oder Aufhebungsverträge Anwendung, die ab dem 11.11.1994 erklärt bzw. abgeschlossen worden seien.
Jedenfalls sei die Forderung der Klägerin verwirkt; sie sei auch aufgrund des einschlägigen Manteltarifvertrages verfallen.
Mit Urteil vom 19.06.1996 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung, die Klägerin falle nicht unter den zeitlichen Geltungsbereich des Sozialplanes, bei dem es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung handele.
Gegen dieses ihr am 17.07.1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.08.1996, einem Montag, Berufung eingelegt und diese am 16.09.1996 begründet.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 19.06.1996 – 5 Ca 1107/96 –, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 40.000,– DM nebst 4 % Zinsen ab 01.03.1996 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Sie kann von der Beklagten weitere 40.000,– DM als Abfindung aus dem streitbefangenen Sozialplan verlangen. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dementsprechend – auch im Kostenpunkt – abzuändern.
1. Die Klägerin fällt unter den Geltungsberei...