Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung und Weiterbeschäftigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Entschluss, die formale Arbeitgeberstellung aufzugeben, ist keine die Kündigung bedingende Unternehmerentscheidung, wenn der Unternehmer gegenüber den Beschäftigten im Wesentlichen weiterhin selbst die für die Durchführung der Arbeit erforderlichen Weisungen erteilt. In einem solchen Fall entfällt nicht die Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb, vielmehr sollen nur die eigenen Beschäftigten durch ausgeliehene Arbeitnehmer ersetzt werden. Eine Kündigung aus diesem Grund ist als „Austauschkündigung” gem. § 1 Abs. 1 und 2 KSchG sozial ungerechtfertigt und deshalb unwirksam.
2. Haben die Parteien arbeitsvertraglich den Beschäftigungsanspruch für den Fall der Kündigung abbedungen, so besteht auch nach obsiegender erstinstanzlicher Entscheidung kein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Urteil vom 19.03.2003; Aktenzeichen 11 Ca 4851/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 19.03.2003 – 11 Ca 4851/02 – teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 1) durch deren Kündigung vom 20.12.2002 nicht beendet worden ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) zu 2/5 sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2);
die Beklagte zu 1) trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3/5; Im Übrigen tragen der Kläger und die Beklagte zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Die Revision wird für die Beklagte zu 1) zugelassen.
Tatbestand
Der 1958 geborene Kläger war seit dem 01.09.1975 bei der Beklagten zu 1) und deren Rechtsvorgängern tätig. Seit dem 01.11.1996 übernahm der Kläger die Funktion eines Produktionsleiters. Sein Monatsbruttolohn belief sich zuletzt auf ca. 3.000,00 EUR. In § 5 des Arbeitsvertrages haben die Parteien vereinbart, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, den Arbeitnehmer im Fall einer Kündigung von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen. Die Beklagte zu 1) beschäftigte u.a. 2 Produktionsleiter, den Kläger und seinen Kollegen K.. Ein weiterer Produktionsleiter war bei der Fa. D. B. GmbH angestellt, aber wie der Kläger und K. bei der Beklagten eingesetzt. Die Beklagte zu 1) setzte die Produktionsleiter bei der Herstellung der Tageszeitung „M. V.” ein. Das geschah regelmäßig in der Nachtschicht. Die Produktionsleiter waren den Druckern der Beklagten zu 1) sowie den bei der Fa. D. B. GmbH angestellten Logistikern und Linienführern, die aber alle im Betrieb der Beklagten zu 1) bei der Herstellung der V eingesetzt waren bzw. sind, vorgesetzt. Aufgaben der Produktionsleitung fielen auch bei der Herstellung weiterer Druckerzeugnisse wie z.B. Anzeigenblättern a. Den Druck und die Weiterverarbeitung dieser Produkte übernahmen Arbeitnehmer einer Fa. Z. B. GmbH (im Folgenden: ZBG). Der Kläger und sein als Produktionsleiter eingesetzte Kollege hatten bis zur Gründung der ZBG 1997 sowohl die Tag- als auch die Nachtschicht geleitet. Für die Beklagte zu 1) gilt ein Haustarifvertrag, für die Beklagte zu 2), die im Urteil erster Instanz noch als Beklagte zu 3) bezeichnet worden ist, die Tarifverträge der Druckindustrie. Das Nebeneinander der Aufgabenverteilung auf bei unterschiedlichen Unternehmen angestellten und in unterschiedlichen Schichten beschäftigten Schichtleitern führte zu Reibungsverlusten. Deshalb beschloss die Beklagte zu 1) am 11.9.2002, ihre Tätigkeiten bei der Produktionsleitung einzustellen.
Am 02.12.2002 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2) – damals unter der Firma ZBG – deren Umfirmierung in die Beklagte zu 2). Deren Unternehmensgegenstand ist die Wartung und Instandsetzung von drucktechnischen Anlagen, das Betreiben der Haustechnik, der Gebäudeleittechnikanlagen, der Plattenherstellungsanlagen, und der Anlagen der Rollenlogstik sowie die Betreuung, die Wartung und das Betreiben von Netzwerken, Datenbanken, Servern und sonstigen Hard- und Softwarekomponenten und datentechnischen Anlagen einschließlich des Handels mit diesbezüglichen Service- und Beratungsleistungen sowie der Koordination, der Organisation und des Managements von druck- und datentechnischen Tätigkeiten und Geschäften, welche die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft zu fördern geeignet sind. Alleingesellschafterin ist die Fa. H. B. Z. V. KG, H. vertreten durch Herrn H. H. B..
Die Produktionsleitung aller Objekte der MVD erfolgt ab dem 01.12.2002 durch die Beklagte zu 2). Die Aufgaben der Produktionsleiter werden seitdem von bei der Beklagten zu 2) beschäftigten Team-Dispatchern ausgeführt, allerdings nunmehr in Tag- und Nachtschicht. Dem liegt eine Dienstleistungsvereinbarung zwischen den Beklagten zugrunde. Die Beklagte zu 2) ist nicht tarifgebunden. Zum 30.11.2003 kündigte die Fa. D. B. GmbH dem ...