Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung von Studiengebühren. Erstattung von Ausbildungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Eine formularvertragliche Regelung im „Praxisphasen-Vertrag” nach der der Arbeitnehmer über die Vertragskonstruktion eines Darlehens uneingeschränkt zur Rückzahlung von Studiengebühren verpflichtet wird, ungeachtet aus welchem Grund es nach Abschluss des Studiums nicht zu dem vom Arbeitgeber ursprünglich in Aussicht gestellten Abschluss eines Arbeitsvertrags kommt, stellt eine unangemessene Benachteiligung nach§ 307 BGB dar und ist unwirksam.
Normenkette
BBiG § 19; BGB § 310 Abs. 4, § 305 Abs. 1, § 307 Abs. 1 S. 1, § 242
Verfahrensgang
ArbG Halberstadt (Urteil vom 05.04.2006; Aktenzeichen 3 Ca 1616/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Halberstadt vom5. April 2006 – 3 Ca 1616/05 – abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Studiengebühren, welche die Klägerin für den Beklagten darlehensweise übernommen hat.
Der am … geborene Beklagte absolvierte im Rahmen seines Studiums an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in P. bei der Klägerin „betriebliche Praxisphasen”. Die rechtliche Grundlage dafür bildete der zwischen den Parteien am 24. April 2001 abgeschlossene „Praxisphasen-Vertrag”. Dieser Vertrag lautet auszugsweise:
„Praxisphasen-Vertrag
zur Durchführung der betrieblichen Praxisphasen des Dualen Studiums zum Diplom-Betriebswirt (FH)
an der Fachhochschule der Wirtschaft – FHDW – in P. wird zwischen dem Unternehmen
nachfolgender befristeter Vertrag geschlossen. Ein Arbeitsverhältnis wird durch diesen Vertrag nicht begründet.
1. Zeit
1. In der Zeit vom 01.07.2001 bis 30.06.2004 absolviert Herr D. bei der A. Praxisphasen von insgesamt ca. 90 Wochen. Die Praxisphasen werden in Abstimmung mit der Fachhochschule der Wirtschaft P. von A. betreut. Beginn, Ende und Ort der einzelnen Paxisphasen liegen wie folgt:
Beginn |
Ende |
Ort |
Praxissemester-Verantwortlicher |
Oktober 2001 |
Dezember 2001 |
AWD Büro |
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April 2002 |
Juni 2002 |
AWD Büro |
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Oktober 2002 |
Dezember 2002 |
AWD Büro |
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April 2003 |
Juni 2003 |
AWD Büro |
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Oktober 2003 |
Dezember 2003 |
AWD Büro |
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April 2004 |
Juni 2004 |
AWD Büro |
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A. behält sich darüber hinaus eine Versetzung an weitere geignete Orte/Praxisstätten vor, soweit dieses mit der Erreichung des Studienzieles vereinbar ist.
6. Vergütung
Bis zum erfolgreichen Abschluss des Studiums wird vom Unternehmen eine Vergütung in Höhe von monatlich brutto 600,00 DM gezahlt. Diese Vergütung ist steuer- und sozialversicherungspflichtig.
7. Darlehen und Rückzahlung
(1) A. gewährt zusätzlich zur Vergütung ein Stipendium in Form eines Darlehens in Höhe von monatlich 1.100,00 DM brutto, maximal jedoch DM 39.600,00 brutto während der gesamten Vertragslaufzeit. Dieses Stipendium wird zur Zahlung der monatlichen Studiengebühren an die Fachhochschule der Wirtschaft in P. verwendet.
(2) Geht Herr D. nach erfolgreichem Abschluss des Studiums ein Vertragsverhältnis mit einer Konzerngesellschaft der A. für mindestens 2 Jahre ein, ist das Darlehen von ihm nicht zurückzuzahlen. Wird das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Zwei-Jahre-Zeitraumes auf Veranlassung oder durch Verschuldung von Herrn D. beendet, bleibt die Rückzahlungsverpflichtung für den noch nicht abgegoltenen Teil des Stipendiums erhalten.
(3) Wird das Vertragsverhältnis vor dem Ende des Studiums von Herrn D. beendet, ist er verpflichtet, das bisher gezahlte Stipendium in Form eines Darlehens in monatlichen Raten innerhalb von 5 Jahren zurückzuzahlen.
(4) Kommt es nach Ablauf des Studiums auf Wunsch von A. nicht zu einem Arbeitsverhältnis oder endet dieser Vertrag vor Ende des Studiums durch Kündigung von A., besteht ebenfalls Rückzahlungspflicht für das gewährte Stipendium.
(5) Das Darlehen stellt für den Studenten einen geldwerten Vorteil dar. Dieser geldwerte Vorteil wird ab Erreichen der DM 5.000,00 monatlich im Rahmen der Gehaltsabrechnung versteuert.”
Nach Abschluss des Studiums kam es auf Wunsch der Klägerin zwischen den Parteien nicht zu einem Arbeitsverhältnis. Die Klägerin wies den Beklagten bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 2004 auf die vertraglich vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung hin. Der Einladung der Klägerin zu einem Gespräch folgte der Beklagte nicht.
Am 23. Dezember 2005 hat die Klägerin beim Arbeitsgericht Halberstadt Klage erhoben.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Halberstadt vom 5. April 2006 – 3 Ca 1616/05 – (S. 2 bis 5 des Urteils = Bl. 75 bis 78 d. A.) verwiesen.
Mit dem vorbezeichneten Urteil hat das Arbeitsgericht (1.) festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die Zeit vom 1. April 2006 bis zum 30. Juni 2009 einen Betrag von 13.160,67 EUR in monatlichen Raten á 337,45 EUR zum...