Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeit während der Altersteilzeit. Wochenarbeitszeit. Unterrichtsstundenzahl, Altersteilzeit. Annahmeverzug

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Enthält ein Arbeitsvertrag im öffentlichen Dienst Mitteilungen über die Arbeitszeit, ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass die Angabe der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden tariflichen Arbeitszeit diese damit losgelöst vom Tarifvertrag festschreibt. Die Erwähnung der Wochenarbeitszeit wie auch der Vergütung im Einzelarbeitsvertrag hat regelmäßig nur die Funktion, den Arbeitnehmer über die zur Zeit geltende Rechtslage zu unterrichten.

2. Eine einzelvertragliche Bindung kann vorliegen, wenn in einem Altersteilzeitvertrag eines Lehrers eine wöchentliche Arbeitszeit genannt ist.

3. Weist der Arbeitgeber dem Lehrer keine seiner Arbeitszeit entsprechenden Unterrichtsstundenzahl zu, gerät er in Annahmeverzug.

 

Normenkette

BGB §§ 615, 293; ATG § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Stendal (Urteil vom 26.10.2005; Aktenzeichen 4 Ca 902/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.07.2007; Aktenzeichen 9 AZR 1113/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 26. Oktober 2005 – 4 Ca 902/05 – abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien am 22. Dezember 2003 ein Änderungsvertrag zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses als Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit Wirkung vom 1. Februar 2005 mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 11 Unterrichtsstunden zustande gekommen ist.

3. Das beklagte Land wird verurteilt, die Klägerin ab dem 1. Februar 2005 bis zum 31. Juli 2007 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Unterrichtsstunden zu beschäftigen.

4. Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin

444 50 EUR brutto

nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf 190,00 EUR

seit dem 10. Juni 2005,

auf 127,00 EUR

seit dem 15. Juli 2005,

auf 127,00 EUR

seit dem 26. September 2005

zu zahlen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

6. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.

Die am … 1949 geborene Klägerin ist als vollbeschäftigte Lehrkraft bei dem beklagten Land auf unbestimmte Zeit angestellt. Sie unterrichtet als Lehrerin an der Grundschule in O.sterburg, H. 14, im Landkreis S.. Die Klägerin ist in die Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert und erhält eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.731,24 EUR brutto.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit und Vereinbarung in § 2 des Arbeitsvertrages vom 16.01. 1992 nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT-O), den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung und den für das beklagte Land jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträgen.

Die Arbeitszeit der an den allgemein bildenden Schulen des beklagten Landes vollbeschäftigten Lehrkräfte, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, wird seit dem 1. August 1997 nach dem Tarifvertrag in Ausfüllung des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung zur Sicherung von Arbeitsplätzen an allgemein bildenden Schulen S. (ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen L.) bestimmt. Der – letzte – am 1. März 2003 abgeschlossene ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen L. trat am 1. August 2003 in Kraft.

Auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen L. setzte das Kultusministerium des beklagten Landes für die an den Grundschulen im Landkreis S. vollbeschäftigten Lehrkräfte die bedarfsbedingte Arbeitszeit für das Schuljahr 2002/2003 auf 21,87 Wochenstunden, für das Schuljahr 2003/ 2004 auf 21,5 Wochenstunden und für das Schuljahr 2004/2005 auf 21,0 Wochenstunden fest.

Am 22. Dezember 2003 schlossen die Parteien auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23.07.1996 (BGBl. I S. 1078) und des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 in der geltenden Fassung einen Änderungsvertrag, der auszugsweise wie folgt lautet:

㤠1

Das Arbeitsverhältnis wird nach Maßgabe der folgenden Vereinbarungen ab 01.02. 2005 als Altersteilzeitverhältnis fortgeführt.

Das Arbeitsverhältnis endet am 31.01.2010.

§ 2

Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt 11 Stunden (Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 3 Abs. 1 TV ATZ).

Die Altersteilzeitarbeit wird im Blockmodell wie folgt geleistet:

Arbeitsphase vom

01.02.2005 bis 31.07.2007 und

Freistellungsphase voraussichtlich vom

01.08.2007 bis 31.01.2010.”

Mit Schreiben seines Landesverwaltungsamtes vom 14.01.2005 teilte das beklagte Land der Klägerin mit, dass für sie die in der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende wöchentliche Arbeitszeit entgegen des Vertrages 21 Unterrichtsstunden beträgt. Der von der Klägerin gegen die Neuf...

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