Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Übung durch wiederholte Vergütungsanpassungen an entsprechende Tarifsteigerungen des TVöD ohne Vorbehalt und ohne Bezugnahme auf einen Haustarifvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Gibt die Arbeitgeberin nach Abschluss eines Haustarifvertrages in einem Zeitraum von rund sechs Jahren acht Tariflohnerhöhungen gemäß den Entgelttabellen des TVöD jeweils pünktlich an die Beschäftigten ihres Klinikums weiter, entsteht eine entsprechende Anpassungspraxis aufgrund betrieblicher Übung; acht Vergütungsanpassungen in sechs Jahren ohne jeden Vorbehalt und ohne jedwede Bezugnahme auf den Haustarifvertrag zeugen von einer eindeutig gelebten und geübten Vertragspraxis und stellen hinreichende Anhaltspunkte dafür dar, dass die Arbeitgeberin die Tariflohnerhöhungen des TVöD dauerhaft übernehmen will.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 151, 157, 242, 611a

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 23.06.2015; Aktenzeichen 1 Ca 3692/14 HBS)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2020; Aktenzeichen 5 AZR 186/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 23.06.2015 - 1 Ca 3692/14 HBS - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin für die Monate

März 2014 bis Februar 2015 952,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 79,35 Euro und

ab 01.04.2014 und aus weiteren 79,35 Euro zum 01. des jeweils folgenden Monats bis einschließlich Abrechnungsmonat Februar 2015 und

für den Zeitraum ab März 2015 bis Februar 2016 weitere 1.736,64 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 144,72 Euro ab 01. April 2015 und monatlich jeweils weiteren 144,72 Euro zum 01. des jeweils folgenden Monats bis einschließlich Abrechnungsmonat Februar 2016 und

für den Zeitraum ab März 2016 bis September 2016 weitere 1.481,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 211,66 Euro ab 01.04.2016 und aus weiteren 211,66 Euro zum 1. des jeweils folgenden Monats bis einschließlich Abrechnungsmonat September 2016

zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die klagende Partei trotz des bestehenden Haustarifvertrages nach wie vor dynamisch Entgelterhöhungen gemäß den Entgelttabellen des TVöD weiterzugeben.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens und der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 23. Juni 2015 - 1 Ca 3692/14 HBS - auf den Seiten 2 bis 8 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Magdeburg hat der Klage durch sein vorgenanntes Urteil vom 23. Juni 2015 stattgegeben. Wegen des Tenors und der Gründe der vorgenannten Entscheidung des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 23. Juni 2015 wird auf dessen Seiten 1 bis 2 und auf dessen Seiten 9 bis 18 verwiesen.

Das vollständig abgefasste und mit Rechtsmittelbelehrung versehene vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg wurde der Beklagten am 22.07.2015 zugestellt. Deren Berufungsschrift ist am 29.07.2015 und deren Berufungsbegründung - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.10.2015 - am 19.10.2016 beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt eingegangen.

Wegen des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten wird auf deren Berufungsbegründung vom 19.10.2015 und deren Schriftsatz vom 15. Januar 2016 Bezug genommen.

Hinsichtlich der von den Parteien in der Berufungsverhandlung am 23. Oktober 2017 gestellten Anträge wird auf die Seite 2 des diesbezüglichen Protokolls (Bl. 229 d. A.) verwiesen.

Bezüglich des zweitinstanzlichen Vorbringens der klagenden Partei wird auf deren Berufungserwiderung vom 09. Dezember 2015 und deren Schriftsätze vom 05.02.2016 sowie vom 19. Januar 2017 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte, nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten ist ohne weiteres zulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten gegen das oben im Tenor näher bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 23. Juni 2015 ist jedoch unbegründet und war demgemäß entsprechend den letzten Anträgen der klagenden Partei nach näherer Maßgabe des obigen Tenors kostenpflichtig zurückzuweisen. Die Klage ist begründet. Auch unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien beruht diese Entscheidung kurz zusammengefasst in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf folgenden Erwägungen:

1.

Unter Beteiligung von A -Kliniken im Lande Sachsen-Anhalt ist es in letzter Zeit bereits zu Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt gekommen, bei denen es um verschiedene Tarifwerke, deren Geltung und deren jeweilige Auslegung ging, nämlich u.a. die Urteile des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt

- vom 17. Mai 2016 - 6 Sa 66/15

- vom 17. Januar 2017 - 3 Sa 270/14

- vom 14. August 2017 - 6 Sa 216/15...

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