Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlrecht des Arbeitnehmers hinsichtlich des Auflösungstermins bei Auflösungsantrag nach mehreren unwirksamen ordentlichen Kündigungen
Leitsatz (amtlich)
Dem Arbeitnehmer steht, wenn der Arbeitgeber mehrere ordentliche Kündigungen ausgesprochen hat, ein Wahlrecht hinsichtlich des Auflösungstermins gemäß § 9 KSchG zu.
Normenkette
KSchG § § 9, 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2, § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3, § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; BGB § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
ArbG Halle (Saale) (Entscheidung vom 20.02.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1558/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers vom 23.06.2014 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 20.02.2014 - 2 Ca 1558/13 - wird als unzulässig verworfen.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 20.02.2014 - 2 Ca 1558/13 - wird zurückgewiesen.
Der Auflösungsantrag der Beklagten vom 18.11.2015 wird zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 20.02.2014 - 2 Ca 1558/13 - wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 7/13, die Beklagte trägt 6/13.
Die Revision wird für die Beklagte, nicht jedoch für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Der am 30.07.1971 geborene Kläger war seit 01.08.2001 bei der Beklagten zunächst als Event-Berater, seit 2003 als Medien-Berater und seit 2005 als Team-Leiter beschäftigt. Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich nach dem Arbeitsvertrag vom 13.07.2001 (Bl. 9 ff d.A.) sowie diversen Ergänzungen.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien erstmals fristgerecht, betriebsbedingt im März 2008 und im Anschluss daran außerordentlich, hilfsweise ordentlich aus verhaltensbedingten Gründen. Der Kläger hat sich gegen diese Kündigungen erfolgreich gerichtlich zur Wehr gesetzt. Eine weitere Änderungskündigung erfolgte seitens der Beklagten mit Schreiben vom 18.06.2010 zum 30.09.2010. Der Kläger hat das in dieser Kündigung enthaltene Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen, wobei zwischen den Parteien im anschließenden Kündigungsrechtsstreit streitig geworden ist, ob dem erklärten Vorbehalt Wirksamkeit zukommt. Mit Urteil vom 07.05.2013, wegen dessen Inhalts - auch hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Arbeitsverhältnisses der Parteien - auf Bl. 47 ff d. A. Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Halle (1 Ca 2036/10) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese, als Beendigungskündigung wirkende Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst worden ist. Die von der Beklagten hierauf eingelegte Berufung ist von der erkennenden Kammer mit Urteil vom 06.10.2014 (6 Sa 299/13) zurückgewiesen worden. Der Rechtsstreit ist nunmehr bei dem Bundesarbeitsgericht zum Geschäftszeichen 2 AZR 2/15 anhängig.
Der Kläger hat nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im vorgenannten Rechtsstreit seine Tätigkeit bei der Beklagten nicht wieder aufgenommen. Diese kündigte darauf das Arbeitsverhältnis der Parteien erneut mit Schreiben vom 28.05.2013 (Bl. 14 d.A.) zum 30.09.2013 und forderte den Kläger zugleich auf, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist seine Tätigkeit als Medien-Berater aufzunehmen.
Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach. Er lehnte vielmehr mit Schreiben vom 05.06.2013 (Bl. 88 f d.A.) den Abschluss eines Prozessarbeitsverhältnisses mit der Beklagten ab.
Die Beklagte sprach mit Schreiben vom 06.06.2013 (Bl. 57 f d.A.) sowie mit weiterem Schreiben vom 12.06.2013 (Bl. 59 f d.A.) dem Kläger jeweils eine Abmahnung wegen Verletzung seiner vertraglichen Pflichten aus, woraufhin der Kläger mit Schreiben vom 18.06.2013 (Bl. 69 f d.A.) ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf von der Beklagten noch nicht ausgeglichene, titulierte Verzugslohnansprüche geltend gemacht hat.
Durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten erfolgte darauf im Schriftsatz vom 19.08.2013 (Bl. 46 d.A.) eine weitere ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31.12.2013, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.
Die Beklagte stützt beide Kündigungen neben den in den jeweiligen Schreiben benannten verhaltensbedingten Gründen auch auf betriebsbedingte Gründe.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, den streitgegenständlichen Kündigungen komme keine Rechtswirksamkeit zu. In der Nichtaufnahme der Tätigkeit als Medien-Berater nach Verkündung des Urteils vom 07.05.2013 liege keine Pflichtverletzung. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich, wenn sie einerseits im vorgenannten Rechtsstreit die Auffassung vertrete, die ausgesprochene Kündigung wirke mangels wirksamen Vorbehalts als Beendigungskündigung, andererseits jedoch noch vor Eintritt der Rechtskraft des Urteils dem Kläger eine Tätigkeit als Medien-Berater abverlange und noch vor Ausspruch der zweiten hier streitigen Kündigung gegen das vorgenannte Urteil Berufung einlege.
Jedoch sei ihm eine weitere Tätigkeit bei der Beklagten aufgrund deren Vorgehensweise, insbesondere der wiederholten Kündigung des Arbeitsverhältnisses, nicht mehr zumutbar, sodass das Arbeitsverh...