Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung
Verfahrensgang
ArbG Stendal (Urteil vom 10.11.1993; Aktenzeichen 4 Ca 340/93) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird dasUrteil desArbeitsgerichts Stendal vom10. November 1993 – 4 Ca 340/93 – abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Anspruch des Klägers auf Abfindung aus dem Tarifvertrag zur sozialen Absicherung von Waldarbeitern vom 6. Juli 1992.
Der am … 1939 geborene Kläger war vom 1. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1992 bei dem beklagten Land im Staatlichen Forstamt S. dessen Rechtsvorgänger als Forstfacharbeiter beschäftigt. Der Bruttostundenlohn des Klägers belief sich zuletzt auf 17,17 DM. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 16. September 1992 zum 31. Dezember 1992 nach der Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Absatz 4 Nr. 3 zum Einigungsvertrag, weil die bisherige oder eine anderweitige Verwendung des Klägers wegen wesentlicher Änderung des Aufbaues der Forstwirtschaft nicht mehr möglich war (Bl. 6 d.A.).
Ab 1. Januar 1993 war der Kläger im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (nachfolgend ABM) im Staatlichen Forstamt L. des beklagten Landes als Forstarbeiter beschäftigt. Träger der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme war das beklagte Land (Arbeitsvertrag vom 24. November 1992 – Bl. 22 bis 24 d.A.). Das ABM-Verhältnis, das bis zu 30. November 1993 andauern sollte, kündigte der Kläger mit Schreiben vom 25. Februar 1993 zum 1. März 1993 (Bl. 21 d.A.).
Auf das bis zum 31. Dezember 1992 bestandene Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die für die im öffentlichen Dienst der Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beschäftigten Waldarbeiter geltenden einschlägigen Tarifverträge kraft beiderseitiger Tarifbindung der Parteien Anwendung.
Am 6. Juli 1992 wurde zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft für die Landesbezirke Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen der Tarifvertrag zur sozialen Absicherung von Waldarbeitern (nachfolgend TV Waldarbeiter) vereinbart. Der Tarifvertrag hat – soweit vorliegend von Interesse – folgenden Wortlaut:
„§ 1
Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für die unter den MTW-O fallenden Waldarbeiter.
§ 2
Abfindung
(1) Ein Waldarbeiter, dessen Arbeitsverhältnis gekündigt wird, weil
er wegen mangelnden Bedarfs nicht mehr verwendbar ist
oder
- die bisherige Beschäftigungsstelle ersatzlos aufgelöst wird oder bei Verschmelzung, Eingliederung oder wesentlicher Änderung des Aufbaues der Beschäftigungsstelle die bisherige oder eine anderweitige Verwendung nicht mehr möglich ist,
erhält eine Abfindung. …
(2) Die Abfindung beträgt für jedes volle Jahr der Betriebszugehörigkeit im Sinne des § 54 Abs. 1 und 2 MTW-O (…) ein Viertel des mit dem Faktor 174 vervielfältigten letzten Zeitlohns – … –, mindestens aber die Hälfte und höchstens das Fünffache dieses Lohnes. Sie darf den Betrag von 10.000,00 DM nicht übersteigen …
(3) Der Anspruch auf Abfindung entsteht am Tag nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Hat der Arbeitgeber gekündigt, wird die Abfindung fällig, sobald endgültig feststeht, daß das Arbeitsverhältnis beendet ist (z. B. bei Verzicht auf Klage gegen die Kündigung oder bei Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung).
(4) …
(5) …
(6) Tritt der Waldarbeiter in ein Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber im Sinne des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT-O/BAT ein und ist die Zahl der zwischen der Beendigung des alten und der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses liegenden Kalendermonate geringer als die der Abfindung zugrunde liegende Anzahl von Bruchteilen des Monatslohnes (Absatz 2), verringert sich die Abfindung entsprechend, überzahlte Beträge sind zurückzuzahlen.
(7) Absatz 6 gilt entsprechend, wenn innerhalb des gleichen Zeitraums ein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung entsteht.
…”
Mit Schreiben vom 14. Juli 1993 forderte der Kläger das beklagte Land erstmals auf, ihm eine Abfindung in Höhe von 10.000,00 DM nach § 2 des TV Waldarbeiter zu zahlen. Der Leiter des Staatlichen Forstamtes S. des beklagten Landes lehnte die Zahlung unter Hinweis auf § 2 Abs. 6 TV Waldarbeiter mit Schreiben vom 22. Juli 1993 ab (Bl. 7 d.A.).
Der Kläger will die Verweigerung der Abfindung nicht hinnehmen und hat deshalb am 10. August 1993 beim Arbeitsgericht Stendal Klage erhoben.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug die Auffassung vertreten, er habe nach § 2 Abs. 2 des TV Waldarbeiter vom 6. Juli 1992 Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, weil sein Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land durch arbeitgeberseitige Kündigung aus einem der in § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrages aufgeführten Gründe aufgelöst worden sei. Der Au...