Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung. Arbeitszeitvolumen. zusätzliche freiwillige Leistungen. Deutsche Post AG. Zustimmungsersetzung
Leitsatz (amtlich)
1.) Der Arbeitgeber bestimmt im Verfahren gemäß § 99 I BetrVG die Maßnahme, zu der die Zustimmung begehrt wird.
2.) Das Ersetzungsverfahren nach § 99 IV BetrVG muss sich auf die personelle Maßnahme beziehen, für die der Arbeitgeber gemäß § 99 I BetrVG um Zustimmung gebeten hat.
Normenkette
BetrVG § 99; Tarifvertrag Nr. 112a Deutsche Post AG
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 27.09.2007; Aktenzeichen 3 BV 120/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 27.09.2007 – 3 BV 120/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Arbeitnehmers M.
Die Antragstellerin (Arbeitgeberin) betreibt die Niederlassung B. in L. Der Antragsgegner ist der dort gewählte Betriebsrat.
Die Beteiligten streiten seit längerem darüber, ob zusätzliche freiwillige Leistungen auf der Grundlage der Tarifverträge Nr. 112a / 130a nur von Vollzeitkräften – so die Auffassung des Betriebsrates – oder auch von Teilzeitkräften – so die Meinung der Arbeitgeberin – erledigt werden dürfen. Die Beteiligten kamen überein, vier Musterverfahren zu führen, darunter auch das streitgegenständliche.
Die Tarifverträge Nr. 112a / 130a sind Bestandteil eines Pakets mehrerer Tarifverträge, die der Arbeitsplatzsicherung bei der Arbeitgeberin dienen. Sie sehen für den Bereich des Briefzustelldienstes vor, dass Mitarbeiter zusätzliche Leistung bis zur gesetzlichen Höchstdauer von 48 Stunden im wöchentlichen Durchschnitt auf freiwilliger Basis übernehmen können.
Der Tarifvertrag Nr. 112a hat in seinem dritten Teil zur Übernahme zusätzlicher Leistungen auszugsweise folgenden Wortlaut:
§ 1 Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmer im Geltungsbereich des MTV-DP AG/ETV-DP AG, die ganz oder teilweise Zustelltätigkeiten verrichten.
§ 2 Übernahme zusätzlicher Leistungen
(1) Im Rahmen des gemäß § 22 Abs. 4 UnterAbs. 1 Satz 2 MTV-DP AG für die Zustellung geltenden Ausgleichszeitraums von 12 Monaten zur Ermittlung der gesetzlich festgelegten Höchstarbeitszeit von werktäglich acht Stunden (48 Stunden im wöchentlichen Durchschnitt) können Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis zusätzliche Leistungen übernehmen.
(2) Die Teilnahme ist für jeweils ein Jahr festzulegen, mindestens jedoch bis zur Realisierung einer Neubemessung.
§ 3 Zusätzliches Entgelt
(1) Für jede rechnerische Stunde zusätzlicher Leistung wird ein zusätzliches Entgelt gezahlt, das sich für alle Teilnehmer auf der Grundlage der Stundenentgelttabelle gemäß Anlage 3 ETV-DP AG für die Entgeltgruppe 3 ergibt. Im Umfang der zusätzlichen Leistung findet § 14 ETV-DP AG keine Anwendung.
(2) Die Gesamtarbeitszeit (GAZ) ist nach den geltenden Regelungen zu ermitteln. Für die Berechnung der zusätzlichen Leistung ist von dieser GAZ die regelmäßige durchschnittliche Wochenarbeitszeit abzusetzen. Die zusätzliche Leistung wird mit der Überschreitung des Personalbedarfs ab einer Höhe von 38,5 Stunden möglich.
…
Wegen des weiteren Inhalts des Tarifvertrages wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 42, 43 d. A.) verwiesen.
Mit dem Tarifvertrag Nr. 130a verlängerten die Tarifvertragsparteien die Laufzeit des dritten Teils des Tarifvertrages Nr. 112a bis zum 31. Dezember 2009.
Mit Schreiben vom 15. Juni 2007 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die beabsichtigte unbefristete Einstellung des Mitarbeiters M. In dem Schreiben (Bl. 12 d. A.) heißt es u.a.:
„Zum 01.07.07 soll der Arbeitnehmer S. M. (ehemaliger Auszubildender), geb. am …1982, im ZSPL L. einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit einer WAZ von 19,25 Std erhalten.
Er soll als Vertreter in der Zustellung im ZSPL L. eingesetzt und in die Entgeltgruppe 3 eingruppiert werden. Seine Wochenarbeitszeit beträgt, wie bereits ausgeführt, 19,25 Stunden.
Wir beantragen hiermit die Zustimmung des Betriebsrates zur unbefristeten Einstellung des o.g. Mitarbeiters zum 01.07.2007 gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.”
Dem Betriebsrat war bekannt, dass der Arbeitnehmer M. im Umfang von weiteren 19,25 Stunden in der Woche zusätzliche Leistungen übernehmen sollte.
Aufgrund einer von den Beteiligten getroffenen Regelungsabrede läuft die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erst ab der nach Eingang des Zustimmungsantrages durchgeführten Betriebsratssitzung. Diese Sitzung fand am 18. Juni 2007 statt.
Mit Schreiben vom 22. Juni 2007 (Bl. 9 d. A.), der Arbeitgeberin am 25. Juni 2007 zugegangen, verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung des Mitarbeiters M., und zwar insbesondere deshalb, weil die Arbeitgeberin beabsichtige, ihm zusätzliche Leistungen auf Grundlage der Tarifverträge 112a / 130a im Umfang von 19,25 Wochenstunden zu übertragen. Die Arbeitgeberin teile damit tarifvertragswidrig einen Vollzeitarbeitskräftebedarf in eine Teilzeitarbeitskraft und in e...