Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde. Kostenfestsetzung. Anwaltskosten. vorherige Vertretung durch Arbeitgeberverband. Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten in arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren bei vorheriger Vertretung durch einen Arbeitgeberverband. Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren bei vorheriger kostenfreier Vertretung durch einen Arbeitgeberverband
Leitsatz (amtlich)
In arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren gilt § 91 ZPO uneingeschränkt. Lässt sich eine Partei im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht zunächst von einem Arbeitgeberverband, der satzungsgemäß die Prozessvertretung kostenlos übernimmt, vertreten und beauftragt danach einen Rechtsanwalt mit der weiteren Prozessvertretung, sind die Rechtsanwaltskosten nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO im Falle des Obsiegens nur dann erstattungsfähig, wenn die Mandatierung des Rechtsanwalts in der konkreten Lage notwendig war, d.h. für die Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung als vernünftig und sachdienlich angesehen werden durfte.
Normenkette
ZPO §§ 91, 91 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 07.06.2012; Aktenzeichen 1 Ca 39 c/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den den Kostenfestsetzungsantrag zurückweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 07.06.2012, Az.: 1 Ca 39 c/11, wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte begehrt die Kostenfestsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten in dem vor dem Landesarbeitsgericht geführten Berufungsverfahren.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte wurde im Berufungsverfahren zunächst - wie erstinstanzlich auch - von dem ... Landesverband Schleswig-Holstein vertreten. Dieser fertigte die Berufungserwiderung vom 27.10.2011. Eine Woche vor dem Berufungstermin zeigten die Rechtsanwälte H. & S. an, dass sie nunmehr die Vertretung der Beklagten wahrnähmen. Im Berufungstermin trat Rechtsanwalt H. für die Beklagte auf. Mit Urteil vom 05.01.2012 wies das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers zurück und erlegte ihm die Kosten des Berufungsverfahrens auf.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 06.01.2012 beantragt, die ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt € 687,80 festzusetzen. Der Wechsel des Prozessvertreters sei notwendig gewesen, weil der Verbandsvertreter zugleich als ehrenamtlicher Richter beim Landesarbeitsgericht tätig sei und aufgrund etwaiger Interessenkollisionen seine Tätigkeit als Prozessvertreter habe nicht mehr fortsetzen wollen. Zudem sei § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorliegend nicht einschlägig, weil sie, die Beklagte, nicht die "Kosten mehrerer Rechtsanwälte" geltend mache. Sie sei zuvor unentgeltlich von einem Verbandsvertreter vertreten worden.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 07.06.2012 den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Die Notwendigkeit im Wechsel des Prozessvertreters und somit für die Erstattungsfähigkeit der zusätzlich angefallenen Kosten der Rechtsanwälte H. & S. sei nicht ersichtlich. Insbesondere habe kein Fall einer möglichen Interessenkollision vorgelegen.
Gegen diesen ihr am 14.06.2012 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 28.06.2012 beim Arbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 31.07.2012 half das Arbeitsgericht der - auch innerhalb der gewährten Fristverlängerung nicht begründeten - sofortigen Beschwerde nicht ab.
Die Beklagte trägt weiter vor,
die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des D. sei weitergehend nicht mehr möglich gewesen im Hinblick auf die Anordnung, dass ehrenamtliche Richter am Landesarbeitsgericht dort eben nicht als Prozessbevollmächtigte auftreten könnten. Insoweit sei die Beauftragung der Rechtsanwälte H. & S. nicht nur geboten, sondern darüber hinaus wegen des Anwaltszwangs im Berufungsverfahren auch erforderlich.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 78 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 568 f. ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG.
In der Sache selbst hat die sofortige Beschwerde indessen keinen Erfolg, da sie unbegründet ist.
Die Rechtspflegerin hat sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.
1. In arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren findet § 91 ZPO uneingeschränkt Anwendung, da sich der Erstattungsausschluss gemäß § 12 a Abs. 1 ArbGG nur auf das erstinstanzliche Verfahren bezieht. Dabei enthält § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Grundsatz, dass die unterliegende Partei insbesondere die dem Gegner erwachsenden Kosten zu erstatten hat, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Notwendig sind alle und nur diejenigen Kosten, die man in der konkreten Lage vernünftigerweise als voraussichtlich sachdienlich ansehen darf und muss (BAG, Beschl. v. 21.01.2004 - 5 AZB 43/03 -, NZA 2004, 398). Das Erfordernis der Notwendigkeit gilt mithin im gesamten Kostenrecht und ist Ausfluss des Grundsatzes von Tre...