Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach Beendigung des Rechtsstreits. Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe. Keine nachträgliche Einreichung der erforderlichen Unterlagen für die Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe lediglich für eine "beabsichtigte" Rechtsverfolgung gewährt werden. Nach Beendigung des Rechtsstreits wird die Rechtsverfolgung nicht mehr beabsichtigt.
2. Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege beizufügen. Dabei sind die amtlichen Formulare zu benutzen. Tatsächlich kann erst zu dem Zeitpunkt, in dem diesen Anforderungen genügt ist, Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet werden.
3. Die Einreichung der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen kann nicht im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO und § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO sind insoweit spezieller als § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Es wäre sinnwidrig, dem Ausgangsgericht eine Ablehnung des Antrags nach Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist zwingend gesetzlich vorzuschreiben, dem Beschwerdegericht aber eine solche Berücksichtigung ausdrücklich zu eröffnen.
Normenkette
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 118 Abs. 2 S. 4, § 117 Abs. 2, § 278 Abs. 6 S. 2, § 571 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 24.05.2023; Aktenzeichen 1 Ca 300 d/23) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 24. Mai 2023 - 1 Ca 300 d/23 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Arbeitsgericht. Dessen Entscheidung erging, nachdem das Verfahren in der Hauptsache durch Beschluss nach § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO beendet worden war.
Der Kläger hat unter dem 4. April 2023 Kündigungsschutzklage erhoben und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. In einem weiteren Schriftsatz vom 27. April 2023 hat der Kläger die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachgereicht. Unter "E: Bruttoeinnahmen" hat der Kläger alle Angaben mit "nein" angekreuzt und in einer Anlage erklärt:
"Ich bin derzeit arbeitslos. Von dem Rest des Geldes, das ich von der D... bekommen habe, lebe ich. Meine eltern helfen mir auch finanziell."
Das Gericht wies den Kläger unter dem 28. April 2023, der Klägervertreterin am gleichen Tage zugestellt, bezüglich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wie folgt hin:
"Die Erklärungen enthalten keinerlei Angaben zur Art und Höhe der derzeitigen Einnahmen des Klägers. Laut Vergleichsvorschlag der Gegenseite wird das Arbeitsverhältnis noch bis zum 30.4.2023 fortgesetzt und abgerechnet, so dass das Gericht davon ausgeht, dass der Antragsteller bis dahin die vereinbarte Vergütung erhält. Ab dem 01.05.2023 ist dann die Abfindung in Höhe von 2.350 Euro brutto zur Zahlung fällig, so dass auch diese ein Einkommen darstellt. Der Klagepartei wird aufgegeben, hierzu Stellung zu nehmen.
Frist: 9.5.2023
Wichtiger Hinweis:
Nach Ablauf der Frist wird über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Aktenlage entschieden. Fehlen trotz vorstehender Auflage angeforderte Angaben und Unterlagen oder sind die Angaben nicht glaubhaft gemacht, finden sie in der Entscheidung keine Berücksichtigung, §118 Abs. 2 Satz 4 ZPO. Angaben und Unterlagen, die erst nach der Entscheidung beim Gericht eingehen, können auch in einem etwaigen Beschwerdeverfahren regelmäßig nicht mehr berücksichtigt werden, es sei denn, das Verfahren ist bei dem jeweiligen Gericht noch nicht abgeschlossen."
Unter dem 28. April 2023 stellte das Gericht gemäß § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO einen verfahrensbeendenden Vergleich fest.
Der Kläger meldete sich innerhalb der vom Gericht bis zum 9. Mai 2023 gesetzten Frist nicht.
Unter dem 11. Mai 2023 wies das Gericht den Kläger bzgl. Prozesskostenhilfe nochmals wie folgt hin (Zustellung bei der Klägervertreterin am 12.Mai 2023):
" ... wird Bezug genommen auf den PKH-Antrag und die Verfügung des Gerichts vom 28.04.2023. Das Arbeitsverhältnis endete am 30.04.2023. Ob der Kläger derzeit Einnahmen erzielt und wenn ja welcher Art und Höhe, wurde weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Es wird darauf hingewiesen, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung der Bedürftigkeit der letzte Erkenntnisstand des Gerichts, mithin der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung, ist (vgl. etwa Bayerischer VGH v. 20.6.2012 - 8 C 12.653, Rn. 8 bei juris; KG Berlin v. 13.4.2006 - 12 U 249/04).
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 23.5.2023.
Wichtiger Hinweis:
Nach Ablauf der Frist wird über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Aktenlage entschieden. Fehlen trotz vorstehender Auflage angeforderte Angaben und Unterlagen oder sind die Angaben nicht gl...