Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH-Verfahren. Vergleich. nicht anhängige Streitgegenstände. 15/10 Vergleichsgebühr
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch des Rechtsanwalts auf eine 15/10 Gebühr für die Mitwirkung bei Abschluß eines Vergleichs besteht gem. § 23 Abs. 1 BRAGO nur dann, wenn über den Gegenstand des Vergleichs kein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Ein gerichtliches Verfahren ist auch dann anhängig, wenn für den Gegenstand des Vergleichs Prozeßkostenhilfe beantragt und gewährt wird.
Normenkette
BRAGO § 23 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Beschluss vom 10.04.1997; Aktenzeichen 3b Ca 1080/95) |
Tenor
Die als Beschwerde geltende Erinnerung der Prozeßbevollmächtigten des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Neumünster vom 10.04.1997 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 697,50 DM.
Tatbestand
I.
Nachdem der Kläger am 05.07.1995 durch seine Prozeßbevollmächtigten Kündigungsschutzklage, verbunden mit einem PKH-Antrag, eingereicht hatte, bewilligte ihm das Arbeitsgericht durch Beschluß vom 17.07.1995 Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung des unterzeichnenden Prozeßbevollmächtigten. Durch Urteil vom 01.11.1995 hat das Arbeitsgericht über das Feststellungsbegehren des Klägers entschieden. Mit Schriftsatz vom 19.12.1995 teilte der Kläger die Absicht der Parteien mit, „zur Erledigung des Rechtsstreits insgesamt” zu Protokoll des Gerichts einen Vergleich zu schließen; zugleich beantragte er PKH für den Vergleichsabschluß. Am 20.12.1995 protokollierte das Gericht den angekündigten Vergleich und bewilligte dem Kläger Prozeßkostenhilfe „auch hinsichtlich des Abschlusses des Vergleichs … unter Beiordnung von Rechtsanwalt M.”. Der Vergleich erfaßt in Höhe von 15.121,84 DM Streitgegenstände, die bis dahin nicht anhängig waren.
Auf Antrag der Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 08.01.1996 erließ das Arbeitsgericht am 10.04.1997 einen Kostenfestsetzungsbeschluß, in dem die für einen Streitgegenstand von 15.121,84 DM beantragte „15/10 Vergleichsgebühr §§ 11, 23” in Höhe von 697,50 DM nicht berücksichtigt worden ist.
Gegen diesen Beschluß haben die Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 28.04.1997 Erinnerung wegen der „Nichtberücksichtigung der Vergleichsgebühr nach einem Streitwert von 15.121,84 DM zu 15/10” mit der Begründung eingelegt, daß der Streitwert von 15.121,84 DM Ansprüche betreffe, über die weder ein gerichtliches noch ein Prozeßkostenhilfeverfahren anhängig gewesen sei; diese Ansprüche seien ohne jede vorherige gerichtliche Tätigkeit in dem protokollierten Vergleich mit verglichen worden, so daß insoweit eine Vergleichsgebühr zu 15/10 entstanden sei.
Das Arbeitsgericht hat der Erinnerung durch Beschlüsse vom 28.05. und 04.06.1997 mit der Begründung nicht abgeholfen, daß die Vergleichsgebühr gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO nicht entstanden sei, weil hinsichtlich des übersteigenden Vergleichswerts von 15.121,84 DM ein Prozeßkostenhilfeverfahren anhängig gewesen sei.
Gegen den Beschluß vom 04.06.1997 haben die Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 07.07.1997 Beschwerde mit der Begründung eingelegt, daß mit dem PKH-Antrag vom 19.12.1995 lediglich ein PKH-Verfahren über einen Vergleich eingeleitet worden sei, nicht aber über den „Gegenstand des Vergleichs” im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz BRAGO. Die Argumentation in dem angefochtenen Beschluß laufe darauf hinaus, daß im Wege der Prozeßkostenhilfe unter keiner denkbaren Konstellation eine 15/10 Vergleichsgebühr zugesprochen werden könne.
Ergänzend wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde (Durchgriffserinnerung) ist nicht begründet. Der Nichtabhilfebeschluß des Arbeitsgerichts vom 04.06.1997 ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 10.04.1997 die von den Prozeßbevollmächtigten des Klägers beantragte 15/10 Vergleichsgebühr nach einem Gegenstandswert von 15.121,84 DM gem. den §§ 11, 23 BRAGO in Höhe von 697,50 DM nicht festgesetzt.
Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Prozeßbevollmächtigten des Klägers, daß die Vergleichsgebühr nach einem Streitwert von 15.121,84 DM zu 15/10 entstanden sei, weil ein Verfahren über die Prozeßkostenhilfe im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz BRAGO nicht anhängig gewesen sei. Nach Auffassung der Beschwerdekammer war hinsichtlich aller, d. h. auch der noch nicht anhängig gemachten Gegenstände, über die die Parteien am 20.12.1995 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen haben, nach dem am 19.12. eingegangenen Antrag des Klägers ein Prozeßkostenhilfeverfahren anhängig. Das ergibt sich nach überwiegender Rechtsprechung sowohl aus dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck des § 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO: OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.07.1995, JurBüro 96, 25; LAG Köln, Beschl. v. 13.10.1995, AnwBl. 96, 290; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 19.04.1996, Rechtspfleger 97, 72; OLG Köln, Beschl. v. 12.09.1996, Rechtspfleger 97, 187; Mümmler, JurBüro 95, 355; vgl. Hartmann, Kostengesetze,...