Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtbetreiben des Verfahrens. Teilurteil. Kostenentscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. § 91 a ist weder direkt noch entsprechend anzuwenden, wenn die Parteien das Verfahren länger als 6 Monate nicht betrieben haben. Aus § 8 Abs. 2 lit. b) der Aktenordnung (Fassung bis 31.12.1996) kann das nicht gefolgert werden. Das gilt auch dann, wenn zuvor über einen Teil des Streitgegenstandes bereits durch Teilurteil entschieden und die Kostenentscheidung dem Schluß-Urteil vorbehalten worden ist.
2. Vielmehr gelten für diesen Fall folgende Verfahrensgrundsätze:
- Über die gerichtlichen Kosten ist auch ohne Antrag der Parteien gemäß § 49 GKG i.V.m. § 12 Abs. 4 Satz 1 ArbGG durch den Kostenbeamten zu entscheiden. Kostenschuldner ist – abgesehen von den in § 54 Nr. 1 und 2 GKG gegebenen Fällen – der Antragsteller, d. h. der Kläger, sofern der Antragsteller in dem Rechtsstreit keinen Kostenantrag gestellt hat. Der Antragsteller ist jedoch nur vor Festsetzung der Kosten darauf hinzuweisen, daß die gerichtlichen Kosten gegen ihn festgesetzt werden sollen (§ 139 ZPO).
- Stellt er daraufhin einen Kostenantrag oder gibt er eine einseitige Erledigungserklärung ab, ist über die Kosten durch Schluß-Urteil zu entscheiden; bei übereinstimmender Erledigungserklärung kann über die Kosten gemäß § 91 a ZPO durch Beschluß entschieden werden. Hat der Antragsteller bereits in dem Rechtsstreit einen Kostenantrag gestellt, muß über die Kosten ebenfalls durch Schluß-Urteil entschieden werden.
- Für die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten bedarf es stets eines entsprechender Antrags der Parteien (§ 103 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Voraussetzung ist, daß für die Kosten ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt (§ 103 Abs. 1 ZPO).
3. Die aufgezeigten verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten, die wegen der fehlenden Kostenvorschußpflicht besonders im arbeitsgerichtlichen Verfahren bestehen, legen es nahe, im arbeitsgerichtlichen Verfahren abweichend von der bisherigen Praxis schon im Teilurteil eine Kostenentscheidung hinsichtlich des ausgeurteilten Teils zu erlassen. § 301 ZPO verbietet eine solche Kostenentscheidung nicht.
Normenkette
ZPO §§ 91a, 103; GKG § 49; ArbGG § 12 Abs. 4 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 29.06.1995; Aktenzeichen 4(2)a Ca 1617/91) |
Tenor
Der Beschluß des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 29. Juni 1995 wird aufgehoben.
Die Sache wird an das Arbeitsgericht zur Entscheidung über die gerichtlichen Kosten zurückgegeben.
Tatbestand
I.
Zwischen den Parteien war ein Rechtsstreit mit folgenden Anträgen des Klägers anhängig:
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 27.11.1991 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch die fristlose Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 09.12.1991 nicht aufgelöst ist, sondern fortbesteht,
- an den Kläger 374,– DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 21.02.1992 zu zahlen,
- zu Gunsten des Kontos des Klägers bei der -bank eG … DM 208,– netto zu zahlen,
- die Verdienstbescheinigung zur Berechnung von Krankengeld gegenüber der Sch. Ersatzkasse dahin zu berichtigen, daß der Kläger im November 1991 6,5 bezahlte Mehrarbeitsstunden leistete und im September 1991 3 bezahlte Mehrarbeitsstunden.
Durch Teil-Urteil vom 4. März 1992 hat das Arbeitsgericht Elmshorn über die Anträge 1. bis 4. entschieden; die Kostenentscheidung ist dem Schluß-Urteil vorbehalten worden. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Teil-Urteil ist durch Beschluß der V. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 29. April 1992 auf ihre Kosten als unzulässig verworfen worden. Der Vorsitzende des Arbeitsgerichts Elmshorn hat sodann bei den Parteien durch Schreiben vom 5. November 1993 angefragt, ob das Verfahren zur Neuregelung der gesetzlichen Kündigungsfristen fortgeführt werden solle. Durch Schreiben vom 14. Dezember 1993 hat die Vorsitzende des Arbeitsgerichts Elmshorn an die Erledigung der Anfrage erinnert und eine Frist bis zum 31. Dezember 1993 gesetzt. Durch Schriftsatz vom 13. Januar 1994 hat der Klägervertreter die Fortsetzung des Verfahrens mit folgenden Anträgen beantragt:
- Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 27.11.1991 zum 31.12.1991 beendet wurde.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Dezember 1991 ein Bruttogehalt von 3.366,– DM zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, für Dezember 1991 dem Kläger eine Gehaltsabrechnung zu erteilen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 374,– DM brutto zu zahlen zzgl. 4 % seit Rechtshängigkeit.
- Die Beklagte wird verurteilt, aus dem sich für Dezember 1991 ergebenden Netto-Lohnfortzahlungsbetrag 52,– DM vermögenswirksame Leistungen abzuführen auf das Konto des Klägers bei der -bank eG (…).
Mit Telefax vom 23. Januar 1994 hat die Beklagte gegen die Fortsetzung des Verfahrens Widerspruch erhoben und „per Eilentscheidung die Einstellung bzw. Abweisung der Wiederaufnahme” ...