Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Vergütungsfestsetzung. Bindung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
Leitsatz (amtlich)
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ist in dem Verfahren über die Festsetzung der aus der Staatskasse an den Anwalt zu zahlenden Vergütung (§ 55 RVG) an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch den Richter gebunden und nicht befugt, diese abzuändern oder zu korrigieren.
Normenkette
RVG § 55; ZPO § 114 ff.
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Beschluss vom 30.05.2005; Aktenzeichen 5 Ca 305 d/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde von Rechtsanwalt B… werden der Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 30.05.2005 und der Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts Kiel vom 20.04.2005 aufgehoben.
Dem Urkundsbeamten wird aufgegeben, über den Antrag des Beschwerdeführers auf Festsetzung der Vergütung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts erneut zu entscheiden.
Tatbestand
I.
Die Klägerin hat am 03.02.2005 eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Kiel (5 Ca 305 d/04) eingereicht und am 21.05.2005 beantragt, ihr hierfür Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B… zu bewilligen. Die Klägerin hat sodann am 21.02.2005 eine weitere Klage auf Abrechnung und Auszahlung des Net-tolohns (5 Ca 460 d/05) erhoben und wiederum beantragt, ihr hierfür Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B… zu bewilligen.
Das Arbeitsgericht hat im Gütetermin am 24.02.2005 der Klägerin in dem Rechtsstreit 5 Ca 305 d/05 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B… zu den Sätzen eines Kieler Anwalts beigeordnet. Zugleich hat es angeordnet, dass eine Ratenzahlung nicht stattfindet.
In dem Gütetermin am gleichen Tage in der Sache 5 Ca 460 d/05 hat das Arbeitsgericht zunächst die Verfahren 5 Ca 460 d/05 und 5 Ca 305 d/05 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und der Klägerin für die erste Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B… und ohne Anordnung einer Ratenzahlung bewilligt.
Der Beschwerdeführer hat am 25.02.2005 einen Antrag auf Festsetzung der Vergütung für das Verfahren 5 Ca 305 d/05 und für das Verfahren 5 Ca 460 d/05 gestellt und zwar jeweils in Höhe der vollen Anwaltsvergütung.
Der Urkundsbeamte der Geschäftstelle des Arbeitsgerichts Kiel hat durch Beschluss vom 08.04.2005 den Antrag auf Vergütungsfestsetzung in dem Rechtsstreit 5 Ca 305 d/05 antragsgemäß festgesetzt. Durch Beschluss vom 20.04.2005 hat er die in dem Rechtsstreit 5 Ca 460 d/05 die dem Beschwerdeführer zu erstattenden Kosten auf 20,30 EUR festgesetzt. Dabei ist er entgegen dem Antrag davon ausgegangen, dass die Klage 5 Ca 460 d/05 nicht getrennt erhoben worden ist, sondern im Wege der Klageerweiterung die Ansprüche geltend gemacht worden wären. Erstattungsfähig seien somit für beide Verfahren nach einem gemeinsamen zusammengerechneten Streitwert insgesamt 957,00 EUR. Hiervon abzuziehen sei der bereits am 08.04.2005 festgesetzte Betrag von 936,70 EUR.
Gegen diesen ihm am 25.04.2005 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 25.04.2005 Erinnerung eingelegt. Er beruft sich darauf, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für beide Verfahren getrennt erfolgt sei. Im Kostenfestsetzungsverfahren könne die bereits getroffene Entscheidung des Gerichts nicht ins Gegenteil verkehrt werden.
Durch Beschluss vom 27.04.2005 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts der Erinnerung nicht abgeholfen. Die Richterin beim Arbeitsgericht Kiel hat durch Beschluss vom 30.05.2005 ihrerseits der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Beschluss sei rechtmäßig.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 56 Abs. 2 i.V.m § 33 Abs. 3 und 4 RVG). Sie ist auch in der Sache gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat der Erinnerung des Beschwerdeführers zu Unrecht nicht abgeholfen. Der Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts Kiel vom 20.04.2005 ist aufzuheben. Der Urkundsbeamte durfte die Streitwerte der beiden Rechtsstreite nicht zusammenrechnen.
1. Der Urkundsbeamte ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass eine gesonderte Klageerhebung ohne besondere Gründe grundsätzlich mutwillig im Sinne von § 114 ZPO ist und die Bewilligung insoweit lediglich so erfolgen kann, als sei eine Klageerweiterung erfolgt (s. hierzu LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.09.2005 – 1 Ta 112/05 –). Die Richterin hätte demzufolge bei ihrer Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe prüfen müssen, ob die getrennte Klageerhebung aus besonderen Gründen sachlich gerechtfertigt war und falls das zu verneinen war, die Prozesskostenhilfe nur entsprechend eingeschränkt bewilligen dürfen.
2. Der Festsetzungsbeschluss ist dennoch aufzuheben, weil das Arbeitsgericht – entgegen dieser einschränkenden Bewilligungsregel – die Prozesskostenhilfe für beide Verfahren getrennt bewilligt hat. Auf dieser Grundlage ist über die Vergütungsfestsetzung zu entscheiden. Der Kostenbeamte ist nicht befugt, die richterliche Entscheidung über die Bewilli...