Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der Prozesskostenhilfe bei verspäteter Vorlage unvollständiger Antragsunterlagen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 114 Satz 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe lediglich für eine "beabsichtigte" Rechtsverfolgung gewährt werden; eine Rückwirkung der Bewilligung ist grundsätzlich ausgeschlossen.

2. Eine rückwirkende Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann allenfalls bis zu dem Zeitpunkt erstreckt werden, in dem der Antragsteller durch einen formgerechten Bewilligungsantrag von seiner Seite aus alles für die Bewilligung Erforderliche und Zumutbare getan hat; nach Abschluss der Instanz ist die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht mehr möglich, es sei denn, es liegt die Ausnahmesituation vor, dass das Gericht eine noch nach dem Ende der Instanz auslaufende Nachfrist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen und Belege gesetzt hat.

3. Wird der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe bereits in der Klageschrift gestellt, eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse jedoch erst nach Protokollierung eines Vergleichs im Gütetermin und damit nach Ende der Rechtshängigkeit überreicht, ohne dass der Vorsitzende in dieser mündlichen Verhandlung noch vor Protokollierung des Vergleichs das weitere Vorgehen in Bezug auf den bereits gestellten Prozesskostenhilfeantrag erörtert (was von ihm zu erwarten ist), scheidet eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleichwohl aus, wenn die Vertreterin des Antragstellers weder um Nachfristsetzung bittet noch Gründe darlegt, warum der Antragsteller trotz zumutbarer Anstrengungen die notwendigen Unterlagen noch nicht beibringen kann und lediglich vor Schluss der mündlichen Verhandlung eine nicht ausgefüllte, aber unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohne weitere Belege überreicht hat.

 

Normenkette

ZPO § 114 S. 1, § 117 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Entscheidung vom 21.06.2013; Aktenzeichen 6 Ca 1123/13)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.06.2013 - Az. 6 Ca 1123/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Berechtigung der Versagung von Prozesskostenhilfe.

Der Kläger hat am 19.04.2013 Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Lübeck erhoben und gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt. Dem Antrag war keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt, die Nachreichung vielmehr angekündigt.

In der Güteverhandlung von 02.05.2013 schlossen die Parteien sodann einen Vergleich. Danach sprach die Klägervertreterin die Gewährung von Prozesskostenhilfe an. Vordruck und Belege hatte sie nicht. Auf entsprechenden Hinweis, dass angesichts dessen kein formgerechter Prozesskostenhilfeantrag gestellt worden sei, überreichte die Klägervertreterin einen nur mit Namen und Anschrift des Klägers versehenen, im Übrigen aber vollständig unausgefüllten, jedoch unterschriebenen Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

Der Vorsitzende nahm das zu Protokoll (Bl. 3, 4 d. PKH-Akte).

Mit Verfügung vom 06.05.2013 wies das Gericht auf die Entscheidung des BAG vom 16.02.2012 - Az. 3 AZB 34/11 - und daraus abgeleiteter Verspätung des gestellten PKH-Antrages hin. Es gab Gelegenheit zur Stellungnahme und die Möglichkeit zur vorsorglichen Beibringung ergänzender Angaben und Belege (Bl. 6 d. PKH-Akte).

Am 17.05.2013 wurde daraufhin eine ausgefüllte und mit drei Belegen versehene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Akte gereicht. Die tatsächliche Zahlung auf im Vordruck angeführte Kindesunterhaltsverpflichtungen war nicht belegt. Diesbezügliche Zahlungsbelege wurden seitens der Klägervertreterin trotz mit Verfügung vom 23.05.2013 erfolgter Fristsetzung bis zum 10.06.2013 letztendlich erst mit der sofortigen Beschwerde vom 23.07.2013 eingereicht.

Mit Beschluss vom 21.06.2013 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen nicht rechtzeitiger Einreichung in vorgeschriebener Form zurückgewiesen. Gegen diesen der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25.06.2013 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 23.07.2013 sofortige Beschwerde eingelegt und dieser Belege zum Nachweis tatsächlicher Zahlung von Kindesunterhalt beigefügt. Der Kläger ist der Ansicht, der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei rechtzeitig gestellt, da er bereits in der Klageschrift formuliert war. Auf die Einreichung des Vordrucks und die Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sei nicht abzustellen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 24.07.2013 zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In der Sache ist sie jedoch nicht begrün...

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