Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiordnung eines nicht ortsansässigen Anwalts. Reisekosten. Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 121 Abs. 3 ZPO enthält den Grundgedanken, unnötige Reisekosten zu vermeiden. Der im Rahmen der Prozesskostenhilfe der Partei beigeordnete Anwalt, der nicht am Gerichtssitz ansässig ist, kann bei seiner Kostenrechnung allein die hypothetischen Reisekosten seiner Partei (Kosten des verkehrsgünstigsten und billigsten Verkehrsmittels) darlegen und in seinen Kostenfestsetzungsantrag aufnehmen. Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch des nicht ortsansässigen Anwalts besteht nicht.

 

Normenkette

ZPO § 121 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Beschluss vom 31.08.2006; Aktenzeichen 3 Ca 809/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Flensburg vom 31.08.2006 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Das Arbeitsgericht Flensburg hat durch Beschluss vom 31.08.2006 dem Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N., für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. N… als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Zugleich hat es angeordnet, dass Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der Prozessbevollmächtigte nicht am Gerichtsort residiert, in Höhe der Kosten einer fiktiven Informationsreise der Partei zum Gerichtsort erstattet werden.

Der Beschwerdeführer hat durch Schriftsatz vom 08.09.2006 um Überprüfung des PKH-Bewilligungsbeschlusses bzw. um Konkretisierung gebeten, dass Prozesskostenhilfe auch für den Abschluss des Vergleiches bewilligt worden ist.

Am 20.09.2006 hat der Beschwerdeführer erneut um Überprüfung des PKH-Bewilligungsbeschlusses gebeten und sich gegen die Beschränkung auf die fiktiven Reisekosten der Partei gewandt.

Auf Anfrage des Gerichts vom 28.09.2006 hat der Beschwerdeführer am 19.10.2006 deutlich gemacht, dass sein Schriftsatz als sofortige Beschwerde verstanden werden solle.

Das Arbeitsgericht Flensburg hat durch Beschluss vom 19.10.2006 der Beschwerde nicht abgeholfen und sich insoweit auf die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts bezogen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Das Beschwerdegericht geht zugunsten des Beschwerdeführers davon aus, dass aufgrund der nachträglichen Klarstellung seine Einwendungen als sofortige Beschwerde zu behandeln sind und damit fristgerecht beim Arbeitsgericht eingegangen sind.

Die Beschwerde ist in der Sache unbegründet.

1. Die Beschwerdekammer hat in ihrem Grundsatzbeschluss vom 21.08.2003 – 1 Ta 84/01 – zu der Frage der Beiordnung eines nicht am Gerichtssitz ansässigen Anwalts ausgeführt:

  1. Gem. § 121 Abs. 3 ZPO dürfen durch die Beiordnung eines nicht beim Prozessgericht zugelassenen Anwalts keine Mehrkosten entstehen. Diese Regelung passt nicht für Prozesse vor den Arbeitsgerichten, weil es bei den Arbeitsgerichten keine Zulassung gibt. Bislang hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein jedoch in entsprechender Anwendung von § 121 Abs. 3 ZPO die Beiordnung auswärtiger Anwälte entsprechend eingeschränkt (z.B. Beschl. vom 06.07.1999 – 2 Ta 73/99 –; Beschl. vom 28.01.1997 – 6 Ta 1/97 –). Hieran ist jedoch nur noch eingeschränkt festzuhalten. Aufgrund der Änderung der Zulassungsregelung für Anwälte seit dem 01.10.2000 für die bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Anwälte aufgrund des Gesetzes zur Änderung des RABerufsRNeuOG kann nach Auffassung des Beschwerdegerichts § 121 Abs. 3 ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht mehr entsprechend angewendet werden. Da jeder bei einem Amtsgericht oder Landgericht zugelassene Anwalt nunmehr vor jedem Landgericht postulationsfähig ist, ist § 121 Abs. 3 ZPO auch für diese Gerichte nicht mehr einschlägig. Eine entsprechende Anwendung für die Arbeitsgerichtsbarkeit scheidet daher aus.
  2. Dennoch ist der Grundgedanke der Vorschrift, unnötige Reisekosten zu vermeiden, zu beachten. Denn auch eine vermögende Partei würde verständigerweise die Mehrkosten eines auswärtigen Anwalts vermeiden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass bei Beauftragung eines Anwalts am Gerichtssitz zumindest eine Informationsreise des Antragstellers an den Gerichtssitz erforderlich ist. Dem ist bei der Beiordnung dadurch Rechnung zu tragen, dass die Mehrkosten der Beiordnung auf diese entstehenden fiktiven Kosten zu beschränken sind (vgl. hierzu Zöller/Philippi, § 121 Rz. 12). Das bedeutet, dass der beigeordnete Anwalt bei seiner Kostenrechnung diese hypothetischen Reisekosten der Partei (Kosten des verkehrsgünstigsten und billigsten Verkehrsmittels) darlegen und in seinen Kostenfestsetzungsantrag aufnehmen muss. Ein weitergehender Anspruch auf Kostenerstattung des nicht ortsansässigen Anwalts besteht nicht.

3. Hieran ist festzuhalten. Aus der Beschwerdebegründung ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine hiervon abweichende Entscheidung rechtfertigen.

a) Nichts daraus herzuleiten ist, dass die entsprechende Einschränkung in § 126 Abs. 1 S. 2 BRAG...

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