Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für Kündigungsschutzklage. Streitwert bei Abmahnung. Streitwert bei objektiver Klagehäufung
Normenkette
ZPO § 3 ff.; ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Beschluss vom 27.01.1997; Aktenzeichen 1 Ca 1460/96) |
Tenor
wird auf die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten des Klägers der Beschluß des Arbeitsgerichts Flensburg vom 27. Januar 1997 teilweise abgeändert:
Der Streitwert wird auf 15.750,– DM festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Bezüglich des darstellenden Teils und der Begründung des angefochtenen Beschlusses wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts in dem Nichtabhilfebeschluß vom 19.02.1997 Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde vom 06.02.1997 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde der Prozeßbevollmächtigten des Klägers ist nach § 9 Abs. 2 BRAGO i. V. m. § 25 Abs. 3 GKG statthaft.
Insbesondere liegt der Wert des Beschwerdegegenstandes über 100,– DM (§ 25 Abs. 3 S. 1 GKG).
Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 25 Abs. 3 S. 3 GKG).
In der Sache hatte die Beschwerde teilweise Erfolg.
Den Klagantrag zu 1. hat das Arbeitsgericht zutreffend gemäß § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG mit 13.500,– DM (3 Bruttomonatsvergütungen des Klägers) bewertet. Dies wird auch von der Beschwerde nicht gerügt.
Der Klagantrag zu 2. kann allerdings entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts wertmäßig nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Mit dem auf Entfernung der Abmahnung gerichteten Klagantrag zu 2. hat der Kläger einen eigenständigen Anspruch verfolgt, der einen anderen Streitgegenstand betrifft und ebensogut in einem gesonderten Verfahren hätte geltend gemacht werden können. Sonstige Ansprüche, die in dem gleichen Verfahren wie die Bestandsschutzstreitigkeit geltend gemacht werden, von deren Ausgang jedoch nicht unmittelbar abhängen, wie dies beispielsweise bei der Geltendmachung von Urlaubsansprüchen, Erteilung eines Zeugnisses oder Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte der Fall ist, werden entsprechend § 5 ZPO dem Streitwert für die Bestandsschutzstreitigkeit hinzugerechnet, da es sich um verschiedene Streitgegenstände handelt (so zutreffend Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 2. Auflage § 12 Rn. 118). Die Klaganträge zu 1. und 2. verfolgen unterschiedliche Rechtsschutzziele und sind rechtlich unabhängig voneinander zu beurteilen. So erscheint es denkbar, daß die Abmahnung zu Recht erfolgt sein kann, die Kündigung aber gleichwohl keinen Bestand hat, oder daß beide Maßnahmen unwirksam sind. Bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer regelmäßig ein schützenswertes Interesse, eine ihm erteilte Abmahnung gerichtlich überprüfen zu lassen und ggf. ihre Entfernung aus der Personalakte zu verlangen. Dieses Rechtsschutzziel besteht unabhängig davon, daß – so auch hier – Abmahnung und spätere verhaltensbedingte Kündigung in einer rechtlichen Beziehung zueinander stehen. Die Beschwerdekammer kann deshalb nicht dem Arbeitsgericht in seiner Auffassung folgen, daß insoweit von einer wirtschaftlichen Identität der beiden Klaganträge ausgegangen und eine Parallele zu der – im übrigen in Rechtsprechung und Literatur äußerst kontrovers behandelten – Streitwertberechnung bei Mehrfachkündigungen, die in einem Verfahren angegriffen werden, gezogen werden müsse.
Auch der soziale Schutzzweck des § 12 Abs. 7 ArbGG rechtfertigt keine andere Beurteilung. Bei einer objektiven Klagehäufung der in Rede stehenden Art. geht es gerade nicht nur um den Bestand des Arbeitsverhältnisses, sondern zusätzlich um „saubere” Personalakten. Dies ist in einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis nicht nur in kündigungsrechtlicher Hinsicht, sondern für den weiteren beruflichen Werdegang insgesamt von Bedeutung. Dies verkennt das Arbeitsgericht, wenn es ausschließlich auf den kündigungsrechtlichen Aspekt der Abmahnung abhebt, ohne das weitergehende Klagebegehren streitwertmäßig zu berücksichtigen.
Für den Anspruch auf Entfernung der Abmahnung hält die Beschwerdekammer einen Wert in Höhe eines halben Bruttomonatsgehaltes für angemessen und ausreichend. Dabei kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, welcher Streitwert im allgemeinen bei Rechtsstreitigkeiten, in denen es ausschließlich nur um eine Abmahnung geht, festzusetzen ist, insbesondere, ob ein „Regelsatz” in Höhe eines Monatsgehalts pro Abmahnung anzuerkennen ist (so wohl LAG Hamm in: NZA 84, 236; LAG Frankfurt EzA 60 zu § 12 ArbGG 1979 „Streitwert”; LAG Nürnberg vom 11.11.1992 – NZA 93, 430).
Vorliegend hat der Kläger die Abmahnung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses angegriffen. Da die strittige Kündigung auch auf das abgemahnte vertragswidrige Verhalten Bezug nimmt und dem Kläger erneut vergleichbare Vertragsverstöße vorgeworfen werden, mußte sich die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung notwendig auch auf die Berechtigung der Abmahnung erstrecken. Es ga...