REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert für Rechtsanwalt im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren. Zustimmungsersetzungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit bemißt sich auch im Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG als nicht vermögensrechtliche Streitigkeit ausschließlich nach § 8 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz BRAGO und nicht nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG analog. Es handelt sich nicht um einen individualrechtlichen Kündigungsstreit, sondern es geht um das Beteiligungsrecht des Betriebsrats. Allein dieser Primärzweck und nicht etwaige wirtschaftliche Auswirkungen und mittelbare Folgen (beabsichtigte spätere Kündigung) sind für die Wertbemessung maßgeblich. Mangels besonderer wertverringernder oder – erhöhender Umstände (Umfang und Bedeutung der Sache, tatsächliche und rechtliche Schwierigkeit, Verfahrensdauer, zeitlicher Aufwand des Anwaltes u. ä.) verbleibt es bei dem Regel- und Richtwert von 6.000,– DM.

 

Normenkette

BRAGO §§ 8, 10; BetrVG § 103 Abs. 2; ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 10.01.1994; Aktenzeichen 2 BV 101/93)

 

Tenor

wird die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2. gegen den den Gegenstandswert festsetzenden Beschluß des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 10.01.1994 zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte zu 1. hat mit ihrem am 12.11.1993 beim Arbeitsgericht Lübeck eingegangenen Antrag die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3. gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG beantragt.

Im Anhörungstermin am 09.12.1993 hat die Beteiligte zu 1. ihren Antrag zurückgenommen. Das Verfahren wurde eingestellt.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert gemäß § 10 BRAGO auf 6.000,– DM festgesetzt. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird verwiesen.

Gegen diesen am 19.01.1994 zugestellten Beschluß haben die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2. am 20.01.1994 Beschwerde eingelegt und diese wie folgt begründet:

Der Gegenstandswert sei nach § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG auf 10.400,– DM festzusetzen. Dies entspreche der dreifachen monatlichen Durchschnitts Vergütung der Beteiligten zu 3. Sachlich sei die Anwendung des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG und nicht die Anwendung des § 8 Abs. 2 BRAGO geboten. Für letztere Vorschrift sei nur dann Raum, wenn keinerlei tatsächlichen Anhaltspunkte für eine anderweitige Bewertung möglich seien. Im übrigen gebe diese Vorschrift auch nur einen Rahmen und keinen sog. Regelstreitwert wieder. Auch habe es sich nicht nur um eine durchschnittliche Angelegenheit gehandelt. Die Sache habe umfassend vorbereitet werden müsse und sei mit einer „normalen” Kündigungsschutzklage keineswegs vergleichbar gewesen.

Die Beteiligte zu 1. ist in ihrer Stellungnahme ebenfalls von § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG als Bemessungsgrundlage ausgegangen, hat allerdings ein niedrigeres monatliches Bruttogehalt der Beteiligten zu 2. zugrundegelegt.

Das Arbeitsgericht Lübeck hat durch Beschluß vom 20.01.1994 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die befristete Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2. ist nach § 10 Abs. 3 S. 1 BRAGO statthaft und fristgerecht eingelegt worden (§ 10 Abs. 3 S. 3 BRAGO).

Die Beschwerde konnte jedoch keinen Erfolg haben. Der angefochtene Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck ist nicht zu beanstanden.

Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren ist § 8 Abs. 2 S. 2, 2. Halbsatz BRAGO zugrundezulegen. Dies gilt auch für das Verfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG. Verfahrensgegenstand ist, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht eine Kündigung im Rahmen einer individualrechtlichen Streitigkeit, sondern die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung. Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei einer beabsichtigten Kündigung betrifft keine vermögensrechtliche Meinungsverschiedenheit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, sondern eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit; denn die Mitbestimmungsrechte bezwecken ausschließlich, daß der Arbeitgeber nicht mehr allein, sondern unter angemessener Beteiligung des Betriebsrats als Vertreter der Belegschaft Entscheidungen über das Verbleiben der Betriebsratsmitglieder im Betrieb trifft (LAG Schleswig-Holstein, Beschluß vom 7. Juli 1986 – 4 Ta 93/86 –). Die Bemessung des Gegenstandswertes orientiert sich daher allein am Verfahrenszweck, nämlich die Beteiligung des Betriebsrats nach Maßgabe der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften sicherzustellen, und nicht an der wirtschaftlichen Bedeutung oder den wirtschaftlichen Auswirkungen der Angelegenheit für die Beteiligten. Die Kündigung selbst, die Gegenstand des Zustimmungsersetzungsverfahrens ist, wird allenfalls vorbereitet. Sie k...

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