Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleich;. Mehrvergleich. Gebührenhöhe

 

Leitsatz (amtlich)

Beantragen die Parteien eines Prozesses, die für die Hauptsache bewilligte Prozesskostenhilfe auf weiter Streitpunkte zu erstrecken, wird hierdurch hinsichtlich der zusätzlichen Streitpunkte weder ein gerichtliches noch ein Prozesskostenhilfeverfahren anhängig.

 

Normenkette

BRAGO § 23 Abs. 1 S. 1

 

Beteiligte

2. Martin M

3. Klaus-Jürgen K

1. Rechtsanwalt Peter O

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Entscheidung vom 17.09.2001; Aktenzeichen 2 Ca 387 a/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 17.9.2001 – 2 Ca 387 a/01 – aufgehoben.

Die an Rechtsanwalt O. zu erstattende Vergütung wird auf insgesamt 838.10 DM festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer erstrebt Festsetzung einer 15/10 Gebühr statt einer 10/10 Gebühr für den Abschluss eines Vergleichs.

Mit der am 5.3.2001 erhobenen Klage forderte der Kläger Zahlung von 1.001,11 DM netto. Die Beklagte gestand zu, dass der Kläger Anspruch auf diese Vergütung habe und trug weiter vor, sie habe Schadenersatzansprüche, die die Klagforderung überstiegen. Mit diesen sei zunächst aufgerechnet worden. Sie habe aufgrund eines Verstoßes des Klägers gegen eine Arbeitsanweisung einem Kunden 419,92 DM Schadenersatz leisten müssen. Insoweit habe sie die Aufrechnung erklärt. Zudem habe sie weitere Schadenersatzansprüche in Höhe von gut 3.000 DM auf Grund eines Verkehrsunfalles. Es seien allerdings gem. VVG Schadenersatzansprüche auf Versicherungsgesellschaften übergegangen oder würden noch übergehen. Die Beklagte prüfe noch die Legitimation des Klägers. Es wäre ggf. Widerklage zu erheben.

Im Termin vom 20.3.2001 verglichen sich die Parteien wie folgt:

  1. Der Beklagte zahlt dem Kläger 630 DM netto Arbeitsentgelt.
  2. Damit sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und im Zusammenhang damit sowie dieser Rechtsstreit erledigt.

Mit Beschluss vom 9.5.2001 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt. Dieser Beschluss wurde am 29.5.2001 dahingehend ergänzt, dass sich die Bewilligung auf den am 20.3.2001 geschlossenen Vergleich erstrecke. Mit Beschluss vom 25.6.2001 hat das Arbeitsgericht den Wert für die Prozess- und Erörterungsgebühr auf 1.001,11 DM und für die Vergleichsgebühr auf 3.419,92 DM festgesetzt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat Festsetzung folgender PKH-Gebühren beantragt:

Gegenstandswert 1.000 DM:

– 10/10 Prozessgebühr, § 31 Abs. 1 Ziff. 1 BRAGO

90,00 DM

– 10/10 Erörterungsgebühr, § 31 Abs. 1 Ziff. 4 BRAGO

90,00 DM

Gegenstandswert 3.419 DM:

– 15/10 Vergleichsgebühr, § 23 BRAGO

397,50 DM

– 5/10 Differenzgebühr, § 32 Abs. 2 BRAGO

132,50 DM

Post- u. Telekommunikationsentgelt, § 26 BRAGO

40,00 DM

9 Fotokopien/Schreibauslagen, § 27 BRAGO zu je 1,00 DM

9,00 DM

Zwischensumme

759,00 DM

16 % MwSt, § 25 Abs. 2 BRAGO

121,44 DM

880,44 DM

Die Urkundsbeamtin hat eine 10/10 Vergleichsgebühr, d.i. 265,00 DM, festgesetzt, die Fotokopiekosten gestrichen und den Mehrwertsteuerbetrag auf 98,80 DM gekürzt. Sie hat einen Betrag von 716,30 DM festgesetzt und mit Beschluss vom 17.9.2001 den übersteigenden Antrag zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt, die das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 31.8.2001 zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägervertreters.

II.

Die statthafte und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat überwiegend Erfolg.

Der Klägervertreter hat mit seiner Beschwerde nicht Ausführungen zur Absetzung der Fotokopiekosten gemacht. Insoweit ist die Beschwerde zurückzuweisen, da nicht ersichtlich ist, inwieweit es sich um Kosten handelt, die nach § 27 BRAGO hätten angesetzt werden müssen. Die Urkundsbeamtin hatte sich hierzu eingehend geäußert.

Die Beschwerde hat jedoch insoweit Erfolg, als der Klägervertreter sich gegen die Festsetzung der Vergleichsgebühr mit 10/10 statt mit 15/10 wendet. Gem. § 23 Abs.1 S. 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs 15/10 der vollen Gebühr (Vergleichsgebühr). Ist über den Gegenstand des Vergleichs ein gerichtliches Verfahren anhängig, erhält der Rechtsanwalt die Vergleichsgebühr nur in Höhe einer vollen Gebühr. Das gilt auch, soweit ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig ist. Bei § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die im Zweifel eher eng auszulegen ist (ArbG Kaiserslautern Beschluss vom 3.8.1999 – 6 Ca 1260/98 P – JurBüro 2000,22).

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war über die Schadenersatzansprüche, soweit sie nicht Gegenstand der Aufrechnungserklärung der Beklagten waren, weder ein gerichtliches Verfahren noch ein Prozesskostenhilfeverfahren anhängig. Die Beklagte hatte hinsichtlich der Gegenforderung von 419,92 DM die Aufrechnung erklärt. Hinsichtlich der Forderung über ca. 3.000 DM hatte sie lediglich angekündigt, ggf. Widerklage zu erheben....

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