Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung nachgereichter Unterlagen zur Vervollständigung des Prozesskostenhilfeantrags nach Abschluss der Instanz bei schuldloser Versäumnis der Nachfrist
Leitsatz (amtlich)
1. Gewährt das Arbeitsgericht dem Antragsteller nach Abschluss der Instanz eine Nachfrist zur Vervollständigung des PKH-Antrags, sind nach Fristablauf eingegangene Unterlagen dann zu berücksichtigen, wenn die Fristversäumnis schuldlos erfolgte.
2. Der Maßstab des Verschuldens richtet sich nach § 233 ZPO. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich. Das Verschulden von Angestellten des Prozessbevollmächtigten wird nicht zugerechnet.
Normenkette
ZPO § 117 Abs. 2 S. 1, § 118 Abs. 2 S. 4, § 233
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 11.02.2013; Aktenzeichen 4 Ca 2064 b/12) |
Tenor
Der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 11.02.2013 - 4 Ca 2064 b/12 - wird aufgehoben. Das Prozesskostenhilfeverfahren wird an das Arbeitsgericht Elmshorn zurückverwiesen mit der Maßgabe, dass der Prozesskostenhilfeantrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts erneut zu prüfen und zu bescheiden ist.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Arbeitsgericht.
Die Parteien haben einen Kündigungsschutzprozess geführt und sich im Gütetermin beim Arbeitsgericht verglichen. Im Gütetermin hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt. Durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 22.01.2013 ist der Klägerseite aufgegeben worden, binnen 2 Wochen einen aktuellen Einkommensnachweis und eine entsprechende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zur Akte zu reichen. Der Beschluss ist im Gütetermin am 22.01.2013 verkündet worden.
Mit Beschluss vom 11.02.2013 ist der Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen worden, nachdem bis zum Fristablauf keine Unterlagen eingegangen waren.
Am 12.02.2013 gingen per Telefax die Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen bei Gericht ein. Mit am 14.02.2013 eingegangenem Telefax hat der Kläger sofortige Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss eingelegt und zur Begründung ausgeführt:
Das Sitzungsprotokoll vom 22.01.2013 sei am 30.01.2013 bei seiner Prozessbevollmächtigten eingegangen. Daraufhin sei durch das Sekretariat eine 2-wöchige Frist beginnend ab dem 30.01.2013 berechnet worden. Die bearbeitende Rechtsanwaltsfachangestellte, Frau D., die sonst stets sorgfältig und gewissenhaft arbeite, sei fälschlicherweise davon ausgegangen, die 2-wöchige Frist laufe ab Zustellung des Protokolls. Frau D. nehme regelmäßig an Schulungen teil und werde in regelmäßigen Abständen anwaltlich überwacht. Dennoch sei die Fehlannahme von Frau D. erst am späten Abend des 12.02.2013 aufgefallen. Die entsprechenden Erklärungen hat der Kläger durch eidesstattliche Versicherung seiner Prozessbevollmächtigten sowie der Rechtsanwaltsfachangestellten glaubhaft gemacht.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, da eine nach dem Ende der Instanz ablaufende Nachfrist zwingend einzuhalten sei.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.
II.
Die statthafte, form- und fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist in der Sache begründet. Mit der angegebenen Begründung durfte das Arbeitsgericht Elmshorn den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss nicht aufrecht erhalten.
1. Nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen, wenn der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist die Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat. Nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind schon dem Antrag auf Prozesskostenhilfe neben einer Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die entsprechenden Belege beizufügen. Grundsätzlich muss der vollständige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit dem ordnungsgemäß ausgefüllten Antragsvordruck und allen Unterlagen bis zum Abschluss der Instanz oder des Verfahrens beim zuständigen Gericht vorliegen. Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen. Nach Instanzende ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zum einen dann möglich, wenn das Gericht zuvor schon über den Antrag hätte positiv entscheiden können. Zum anderen kann eine Bewilligung nur noch in Ausnahmefällen erfolgen. Über einen rechtzeitig eingereichten Prozesskostenhilfeantrag mit unvollständigen Angaben und Unterlagen kann noch nach Abschluss der Instanz bzw. des Verfahrens ausnahmsweise positiv entschieden werden, wenn das Gericht eine Frist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen und Belege gesetzt hat. Soweit dem Antragsteller eine s...