Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagrücknahme. Adressat. Entscheidung. Kosten. Vergleich. außergerichtlich. Wirksamkeit. Beschluß. Berufungsgericht. Klageerweiterung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn über die Wirksamkeit der Klagerücknahme zwischen den Parteien Streit besteht, ist darüber durch Beschluß nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zu befinden.

2. Nach Einlegung der Berufung ist Adressat der Klagerücknahmeerklärung das Berufungsgericht. Die an das Arbeitsgericht gerichtete Klagerücknahmeerklärung entfaltet ihre Wirkung mit dem Zeitpunkt ihres Einganges bei dem Rechtsmittelgericht und erfaßt das Klägerbegehren nicht nur im Umfange der Klage, wie sie in erster Instanz erhoben worden war, sondern insgesamt, nämlich auch eine in der Berufungsinstanz vorgenommenen Klageerweiterung.

3. Die Kosten gelten im Falle der Klagerücknahme aufgrund außergerichtlichen Vergleichs gem. § 98 ZPO als gegeneinander aufgehoben, wenn der Vergleich keine Kostenregelung enthält.

 

Normenkette

ZPO § 269 Abs. 3, §§ 98, 91a, 515 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Entscheidung vom 14.12.1994; Aktenzeichen 3b Ca 751/94)

 

Tenor

Es wird festgestellt, daß die Klagrücknahme den Rechtsstreit insgesamt beendet hat. Das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 14. Dezember 1994 – 3b Ca 751/94 – ist wirkungslos. Von den Kosten der ersten Instanz nach einem Streitwert von 17.625,00 DM tragen

der Beklagte zu 1.

7/16,

der Beklagte zu 2.

1/16 und

die Klägerin

8/16.

Von den Kosten der Berufung nach einem Streitwert von 34.100,00 DM tragen

der Beklagte zu 1.

7/40,

der Beklagte zu 2.

1/40 und

die Klägerin

32/40.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien haben über die Wirksamkeit einer vom Beklagten zu 1) erklärten ordentlichen Kündigung, über ein gegen die beiden Beklagten gerichtetes Weiterbeschäftigungsbegehren der Klägerin und eine Forderung gestritten. Nach der Verkündung eines Teilurteils streiten sie in der Berufungsinstanz darüber, ob durch die Klagerücknahme der Rechtsstreit insgesamt beendet ist oder ob noch über eine Kündigungsfrist zu entscheiden ist und über die Kosten des Rechtsstreits.

Die Klägerin war der Auffassung, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil beide Unternehmen, die Firmen D. und S., nunmehr beide Gemeinschuldnerinnen, vor und nach Konkurseröffnung einen einheitlichen Betrieb gebildet hätten, so daß eine Sozialauswahl über den Gesamtbetrieb habe stattfinden müssen. Dies jedenfalls sei nicht geschehen. Die Klägerin war ferner der Auffassung, daß die gewählte Kündigungsfrist unzutreffend sei.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) durch die ordentliche Kündigung des Beklagten zu 1) vom 27. April 1994 nicht beendet worden ist, sondern fortbesteht,
  2. den Beklagten zu 1) und den Beklagten zu 2) zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Angestellte für den Bereich Empfang und Telefon weiterzubeschäftigen.
  3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 6.450,00 DM brutto abzüglich 2.425,30 DM erhaltenen Arbeitslosengeldes nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 1. September 1994 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben behauptet, jedenfalls ab Konkurseröffnung könne von einem einheitlichen Betrieb nicht mehr die Rede sein. Sie, die Beklagten, hätten beide Gesellschaften, wie dies auch ihre konkursrechtliche Pflicht sei, getrennt voneinander geführt. Eine vertragliche Vereinbarung, gerichtet auf die gemeinsame Führung eines einheitlichen Betriebes, gäbe es jedenfalls seit diesem Zeitpunkt nicht mehr. Der Wahl eines gemeinsamen Betriebsrates im Frühjahr 1994 hätten sie, die Beklagten, nicht widersprechen wollen, um keine Unruhe ins Unternehmen zu bringen. Kombinierte Betriebsversammlungen der Belegschaft beider Gesellschaften habe es gelegentlich, aber nicht immer gegeben. Eine einheitliche Personalführung und -lenkung sei schon deshalb zu verneinen, weil für die Mitarbeiter beider Gesellschaften verschiedene Betriebsleiter zuständig gewesen seien. Die Lohnbuchhaltung sei für die Mitarbeiter beider Firmen streng getrennt verwaltet worden. Einen Personalaustausch zwischen beiden Unternehmen, wie von der Klägerseite behauptet, habe es nicht oder allenfalls ausnahmsweise gegeben. In Anbetracht der Stillegung habe eine soziale Auswahl unter den Mitarbeitern dieser Gesellschaften nicht stattfinden können und müssen. Die gewählte Kündigungsfrist sei auch nach § 622 Abs. 4 BGB der neuen Fassung unter Berücksichtigung tariflicher Regelungen zutreffend gewählt. Der Betriebsrat sei umfassend unterrichtet worden und habe der Kündigung widersprochen.

Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil den Klaganträgen zu 1. und 2. entsprochen:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) durch die ordentliche Kündigung des Beklagten zu 1) vom 27. April 1994 nicht beendet worden ist, sondern fortbesteht.
  2. Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, die...

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