Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei unterlassener Nachfristsetzung zur Beibringung von Unterlagen im Prozesskostenhilfeverfahren. Berücksichtigung verspätet eingereichter Unterlagen bei verzögerter Übersendung des maßgeblichen Auflagenbeschlusses zur Anforderung eines Einkommensnachweises der Eltern des Antragstellers
Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich können verspätet, d.h. nach Ablauf einer gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gesetzten Frist und nach Abschluss des Prozesses, im Beschwerdeverfahren eingereichte PKH-Unterlagen nicht mehr berücksichtigt werden, es sei denn, es liegen ausreichende Entschuldigungsgründe für die Verspätung vor.
2. Sofern ein volljähriger noch in der Ausbildung befindlicher Antragsteller durch im Gütetermin verkündeten Auflagenbeschluss zur Einreichung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Eltern unter Fristsetzung (hier: drei Wochen) aufgefordert wird und dieses Protokoll dem Kläger erst weit nach Ablauf der gesetzten Frist (hier: sechs Wochen) übermittelt wird, muss das Gericht nach dem Grundsatz rechtlichen Gehörs ausnahmsweise eine weitere Frist zur Beibringung der PKH-Unterlagen, bei deren Erfüllung er auf die Mitwirkung seiner Eltern angewiesen ist, setzen.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 118 Abs. 2 S. 4, § 117 Abs. 2 S. 1, § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 22.09.2014; Aktenzeichen 1 Ca 853 b/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 22.09.2014, Az. 1 Ca 853 b/14, wird die sofortige Beschwerde zur erneuten Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Im Beschwerdeverfahren wendet sich der Kläger gegen die Zurückweisung seines Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrages.
Im zwischenzeitlich durch Prozessvergleich vom 15.08.2014 erledigten Hauptsacheverfahren stritten die Parteien über die Rechtswirksamkeit einer Kündigung und Ausbildungsvergütung aus Annahmeverzug. Mit Schriftsatz vom 24.07.2014 beantragte der 19-jährige Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten und reichte eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie zwei Kontoauszüge zum PKH-Heft. Im Gütetermin vom 15.08.2014 forderte das Arbeitsgericht den Kläger, der persönlich nicht anwesend war und nur durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten wurde, auf, binnen drei Wochen eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Eltern einzureichen. Nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Dreiwochenfrist hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 22.09.2014 den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung zurückgewiesen. Nach § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO habe eine Partei für die Prozessführung zunächst ihr Vermögen einzusetzen, wozu auch ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gehöre. Eine Verpflichtung der Eltern zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses bestehe auch gegenüber volljährigen Kindern, wenn sie wegen der Fortdauer ihrer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erworben hätten und deswegen übergangsweise wie minderjährige Kinder der Unterstützung durch die Eltern bedürften. Der gerichtlichen Aufforderung vom 15.08.2014 sei der Kläger nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen.
Gegen diesen ihm am 26.09.2014 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 27.10.2014 beim Arbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt und vorgetragen, dass ihm bzw. seinem Prozessbevollmächtigten das Sitzungsprotokoll vom 15.08.2014 zusammen mit dem zurückweisenden Beschluss vom 22.09.2014 erst am 26.09.2014 zugegangen sei.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 19.12.2014 nicht abgeholfen. Die Frist zur Ergänzung der Prozesskostenhilfeunterlagen sei in Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.08.2014 verkündet worden. Der Lauf der gesetzten Frist beginne mit der Verkündung der Frist. Die erst im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen der Eltern könnten keine Berücksichtigung mehr finden, da der Rechtsstreit bereits beendet gewesen sei.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig und wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs auch begründet und führt zur Zurückverweisung der sofortigen Beschwerde an das Arbeitsgericht.
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob der Kläger vorliegend überhaupt Anspruch auf einen Prozesskostenvorschuss gegenüber seinen Eltern hatte (vgl. Hessisches LAG, Beschl. v. 22.03.2007 - 8 Ta 619/09 -, [...]; OLG Köln, Beschl. v. 09.02.1994 - 5 W 2/94 -, [...]; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.11.1988 - 2 WF 65/88 -, [...]), der gemäß § 114 Abs. 3 Satz 1 ZPO als eigenes Vermögen anzusehen ist.
1. Der angefochtene Beschluss beruht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs.
a) Zwar hat das Arbeitsgericht im Abhilfebeschluss zu Recht darauf hingewiesen, dass verspätet, d.h. nach Ablauf einer gemäß § 118 Ab...