Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage des Mietvertrages zum Nachweis von Wohnkosten im Rahmen der Prozesskostenhilfe. Rechtwidrige Versagung der Prozesskostenhilfe bei rechtzeitigem Nachweis der wirtschaftlichen Verhältnisse
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO hat das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur "insoweit" abzulehnen, als der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist die Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder nur ungenügend beantwortet hat.
2. um Nachweis der in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskosten angegebenen Wohnkosten reicht in der Regel die Vorlage des Mietvertrages, wenn die Anschrift des Antragstellers mit derjenigen des Mietobjekts übereinstimmt.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3, § 117 Abs. 2 S. 1, § 118 Abs. 2 Sätze 1-2, 4
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 19.03.2014; Aktenzeichen 2 Ca 539/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 19.03.2014, Az. 2 Ca 539/14, abgeändert und dem Kläger Prozesskostenhilfe für die erste Instanz unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt M., bewilligt. Eine Ratenzahlung findet nicht statt.
Gründe
I.
Im Beschwerdeverfahren wendet sich der Kläger gegen die Zurückweisung seines Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrages.
Im zwischenzeitlich durch Prozessvergleich vom 04.03.2014 erledigten Hauptsacheverfahren führten die Parteien einen Kündigungsrechtsstreit. Mit der Klagschrift beantragte der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten und reichte eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Gehaltsabrechnung und Mietvertrag zum PKH-Heft. Im Gütetermin vom 05.03.2014 erklärte der Kläger, dass es sich bei der im eingereichten Mietvertrag neben ihm aufgeführten Frau um seine Ex-Lebensgefährtin handele, die zwischenzeitlich ausgezogen sei. Er wohne alleine in der Wohnung und zahle die Miete insgesamt alleine. Daraufhin forderte das Arbeitsgericht den Kläger mit gesonderter Verfügung vom 05.03.2014 (abgesandt am 06.03.2014) auf, "zur Glaubhaftmachung seines Prozesskostenhilfeantrages Kontoauszüge aller kontoführenden Banken seit dem 15.02.2014 ungeschwärzt bis zum 18.03.2014 zum PKH-Heft zu reichen. Der Kläger ließ diese Frist fruchtlos verstreichen.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 19.03.2014 den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO zurückgewiesen, da aufgrund der fehlenden Mitwirkung nicht habe festgestellt werden können, ob der Kläger die Kosten des Rechtsstreits nicht habe aus eigenen Mitteln bestreiten können.
Gegen diesen ihm am 21.03.2014 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 04.04.2014 beim Arbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt und die zuvor angeforderten Kontoauszüge eingereicht. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 09.04.2014 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die nunmehr von ihm nachgereichten Unterlagen seien nicht mehr berücksichtigungsfähig. Ergänzend hat der Kläger eingewandt, dass das Arbeitsgericht dem Kläger unter Berücksichtigung seiner rechtzeitig zum PKH-Heft gereichten Unterlagen zumindest Prozesskostenhilfe unter Ratenzahlungsanordnung hätte gewähren müssen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig und begründet.
Das Arbeitsgericht hat den Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrag zu Unrecht abgewiesen.
Dabei verkennt das Beschwerdegericht nicht, dass im Rahmen des Bewilligungsverfahrens verspätet eingereichte Belege gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO grundsätzlich keine Berücksichtigung mehr finden können.
1. Der vollständige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe muss mit dem ordnungsgemäß ausgefüllten Antragsvordruck und allen Unterlagen grundsätzlich bereits vor dem Abschluss der Instanz oder des Verfahrens beim zuständigen Gericht vorliegen, § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO (BAG 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 -, [...]). Nach § 114 ZPO wird der mittellosen Partei Prozesskostenhilfe nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Verteidigung bewilligt. Der mittellosen Partei sollen die Prozesshandlungen ermöglicht werden, die für sie mit Kosten verbunden sind. Hat jedoch die Partei oder deren Prozessbevollmächtigter die aus ihrer Sicht notwendigen Prozesshandlungen schon vor der ordnungsmäßigen Beantragung der Prozesskostenhilfe vorgenommen, so hängen diese Prozesshandlungen nicht mehr davon ab, dass die Partei zuvor die entsprechenden Kosten aufbringt. Vielmehr geht es dann nur noch darum, einem Prozessbevollmächtigten durch nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe - hier nach Ende der Instanz - einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen. Aus diesem Grund ist eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Abschluss der Instanz nur ausnahmsweise möglich. Ein Ausnahmefall liegt vo...