Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen die Nichtfestsetzung eines Vergleichsmehrwerts
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vergleichsmehrwert kann nur festgesetzt werden, wenn bzgl. der den Mehrwert begründenden Streitgegenstände der Streit oder die Ungewissheit beseitigt wird.
2. Eine Zeugnisklausel, die die Leistungs- und Führungsbeurteilung mit einer bestimmten Schulnote sowie das Ausstellungsdatum entsprechend dem vergleichsweise vereinbarten Beendigungsdatum regelt, ist nur mit einem halben Bruttomonatsgehalt zu bewerten.
3. Vergütungsansprüche, die allein vom vergleichsweise vereinbarten Beendigungsdatum abhängen, begründen keinen Vergleichsmehrwert.
Normenkette
RVG § 33; Vergütungsverzeichnis Nr. 1000 Nr. 1; RVG § 33 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 10.07.2024; Aktenzeichen 2 Ca 587 c/24) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Klägerinvertreter gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 10. Juli 2024 - 2 Ca 587 c/18 - wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerinvertreter wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtfestsetzung eines Vergleichsmehrwerts.
Die Klägerin war bei der Beklagten zuletzt gegen ein Bruttomonatsgehalt iHv. EUR 2.559,56 beschäftigt. Die Klägerin hat unter dem 11. Juni 2024 Kündigungsschutzklage gegen eine fristlose, Kündigung seitens der Beklagten vom 5. Juni 2024 sowie gegen eine hilfsweise fristgerechte Kündigung zum 31. Januar 2025 erhoben und die Klage mit drei Anträgen auf Entfernung einer Abmahnung sowie auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses erweitert.
Die Beklagte erteilte der Klägerin unter dem 6. Juni 2024 ein qualifiziertes Zeugnis mit einer guten Leistungsbeurteilung und einer unterdurchschnittlichen Führungsbeurteilung.
Im Gütetermin am 10. Juli 2024 schlossen die Parteien folgenden Vergleich:
"1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund der fristgemäßen Kündigung der Beklagten vom 07.06.2024 aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Ablauf des 31.01.2025.
2. Die Beklagte erklärt, aus der außerordentlichen Kündigung vom 05.06.2024 keine Rechte mehr herzuleiten.3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Klägerin mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung auf Urlaubs- sowie Freizeitausgleichsansprüche und unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitspflicht unwiderruflich freigestellt ist.
4. Die Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis bis zum 31.01.2025 auf Grundlage eines Bruttomonatsgehaltes in Höhe von EUR 2.559,56 abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge unter Berücksichtigung etwaiger auf öffentliche Träger kraft Gesetz übergegangene Ansprüche an die Klägerin zu zahlen.
5. Die Beklagte erklärt, dass die Vorwürfe arbeitsvertraglicher Pflichtverletzungen nicht weiter aufrechterhalten werden.
6. Die Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin ein qualifiziertes berufsförderndes Zwischenzeugnis mit einer guten Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen und zuzusenden. Die Beklagte verpflichtet sich weiter, der Klägerin ein qualifiziertes berufsförderndes Endzeugnis auf Basis des Zwischenzeugnisses unter dem Ausstellungsdatum 31.01.2025 zu erteilen und zuzusenden.
7. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2024 sowie kein Anspruch auf Zahlung der tariflich festgelegten Inflationsausgleichsprämie zusteht.
8. Damit ist dieser Rechtsstreit erledigt."
Auf Antrag der Klägerinvertreter hat das Gericht sodann den Streitwert ohne Rechtsmittelbelehrung auf EUR 15.857,36 (6 Bruttomonatsgehälter und EUR 500,-) und den Vergleichsmehrwert auf EUR 1.279,78 festgesetzt.
Gegen den Beschluss haben die Klägerinvertreter unter dem 7. August 2024, bei Gericht am gleichen Tage eingegangen, "sofortige Beschwerde" eingelegt. Gerade im Rahmen der vergleichsweisen Zeugnisklausel sei ein künftiger Zeugnisrechtsstreit vermieden worden. Aufgrund der Festlegung der Schulnote für die Leistungs- und Führungsbeurteilung und des geänderten Datums sei ein Gehalt in Ansatz zu bringen. Im Übrigen sei der Verzicht auf das Weihnachtsgeld und die Inflationsausgleichsprämie werterhöhend zu berücksichtigen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15. August 2024 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt. Die Beschwerde sei zwar zulässig, aber unbegründet. Die Zeugnisregelung sei angemessen mit einem halben Gehalt bewertet worden, der Verzicht auf Zahlungsansprüche sei Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits.
II.
Die gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthafte (1.), form- und fristgemäß eingelegte Beschwerde der Klägerinvertreter hat keinen Erfolg, da sie unbegründet ist. Der Vergleichsmehrwert ist vom Arbeitsgericht zutreffend festgesetzt worden (2.).
1. Die als Streitwertbeschwerde auszulegende "sofortige Beschwerde" der Klägerinvertreter ist zulässig, da der Beschwerdewert die in § 33 Abs. 3 RVG geforderten EUR 200,- bei weitem übersteigt, selbst wenn man die...