REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN JA

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnfortzahlung an Feiertagen und im Krankheitsfall – Konkurrenz –

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der arbeitsunfähig erkrankte gewerbliche Arbeitnehmer der Druckindustrie hat auch für gesetzliche Feiertage, an denen im Betrieb nicht gearbeitet wird, den erhöhten Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 12 MTV für die gewerbl. Arbeitnehmer der Druckindustrie.

2. Weder aus dem MTV noch aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen folgt, daß die Regelung über die Feiertagelohnfortzahlung den Vorrang gegenüber der Regelung Über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat. Ein solcher Vorrang besteht jedenfalls dann nicht, wenn sich nach dem Tarifvertrag die Höhe der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aus einem vorangegangenen Bezugszeitraum ergibt.

 

Normenkette

MTV für die gew. Arbeitnehmer der Druckindustrie §§ 6, 12

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 20.08.1987; Aktenzeichen 2 Ca 1421/87)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.04.1989; Aktenzeichen 5 AZR 248/88)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 20. August 1987 geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 186,90 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 01. Juni 1987 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des dem Kläger für den 25. und 26. November 1986 und 01. Januar 1987 zustehenden Lohnanspruchs.

Der Kläger ist Arbeitnehmer bei der Beklagten. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie (MTV) anwendbar. Der Kläger war vom 11. Dezember 1986 bis 16. Januar 1987 arbeitsunfähig krank. An den beiden Weihnachtstagen und dem Neujahrstag wurde im Betrieb der Beklagten nicht gearbeitet. Die Beklagte gewährte dem Kläger gemäß § 12 des Manteltarifvertrages arbeitstägliche Lohnfortzahlung in Höhe von 240,85 DM; die beiden Weihnachtstage und den Neujahrstag rechnete sie gemäß § 6 MTV ab.

Der Kläger fordert mit seiner Klage die Differenz zwischen den Lohnfortzahlungen wegen Krankheit und wegen Ausfalls der Arbeit an Feiertagen. Seine Forderung beläuft sich auf den eingeklagten Betrag, der zwischen den Parteien der Höhe nach unstreitig ist. Er meint, daß für seinen Lohnfortzahlungsanspruch nicht § 6 MTV, sondern § 12 MTV maßgeblich ist.

§ 6 MTV regelt die Lohnfortzahlung an Feiertagen und lautet u. a. wie folgt:

  1. Für gesetzliche Feiertage ist der entsprechende Lohnausfall zu zahlen (2).
  2. Die Feiertagsbezahlung erfolgt in der Weise, daß der Arbeitnehmer für den Tag den gleichen Lohn ohne Zuschlag für Feiertagsarbeit und ohne Antrittsgebühr erhält, den er verdient haben würde, wenn er gearbeitet hätte (3) (4).

§ 12 MTV erfaßt „Krankheit, Kur- und Heilverfahren” und lautet auszugsweise wie folgt:

  1. „Die Lohnfortzahlung im Falle von Erkrankungen und Unfällen, bei Kuren und Heilverfahren sowie bei solchen Schonungszeiten, die mit Arbeitsunfähigkeit verbunden sind, richtet sich nach dem Lohnfortzahlungsgesetz in seiner jeweiligen Fassung.
  2. Als Arbeitsentgelt im Sinne der Ziffer 1) gilt abweichend von § 2 Abs. 1 aufgrund von § 2 Abs. 3 des Lohnfortzahlungsgesetzes der Durchschnittsverdienst der 3 abgerechneten Lohnabrechnungsmonate oder der 13 abgerechneten Lohnwochen (Berechnungszeitraum), die der Lohnwoche, in der die Arbeitsunfähigkeit beginnt, vorausgehen. …”

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 186,90 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit Klagzustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, daß sie den Lohnfortzahlungsanspruch des Klägers ordnungsgemäß nach § 6 MTV abgerechnet hat. Die Regelung über die Zahlung von Feiertagslohn sei gegenüber der über die Zahlung von Lohn für Krankheitszeiten spezieller.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Kläger habe lediglich einen Anspruch auf Zahlung von Feiertagslohn. Es handelt sich zwar nicht um ein Problem der Spezialität, sondern um eine Kausalitätsfrage. Ein Lohnfortzahlungsanspruch gemäß § 12 MTV setze voraus, daß der Arbeitnehmer allein wegen seiner Krankheit an den gesetzlichen Feiertagen nicht habe arbeiten können. Das sei hier nicht der Fall, weil an den drei Feiertagen im Betrieb nicht gearbeitet worden sei. Auch der Kläger würde bei Arbeitsfähigkeit an diesen Tagen nicht gearbeitet haben.

Gegen das ihm am 25. August 1987 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. September 1987 Berufung eingelegt und die Berufung am 20. Oktober 1987 begründet.

Der Kläger wiederholt seine im ersten Rechtszug vertretene Rechtsauffassung. Er stützt seinen Anspruch weiterhin auf § 12 MTV. Er meint, daß diese Regelung im Wortlaut und Wortsinn eindeutig, zweifelsfrei und somit nicht auslegungsfähig sei. Aus ihr gehe hervor, daß im Falle von Erkrankungen und Unfällen, bei Kuren, Heilverfahren so...

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