Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Mandantenübernahmeklausel mit Pflicht zur Abführung der berufsüblichen Vergütung für die Übernahme eines Mandates
Leitsatz (amtlich)
1. Eine vertragliche Regelung, mit der sich der Arbeitnehmer verpflichtet, nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis einen bestimmten, am in der Vergangenheit mit dem Mandanten orientierten Umsatzanteil an seinen bisherigen Arbeitgeber abzuführen, wenn er diesen Mandanten weiter betreut (Mandantenübernahmeklausel), ist als sogenannte verdeckte Mandantenschutzklausel unwirksam, wenn sich die Bearbeitung des Mandats für den ehemaligen Arbeitnehmer wirtschaftlich nicht lohnt (im Anschluss an: BAG v.11.12.2013 - 10 AZR 286/13).
2. Eine derartige Klausel enthält darüber hinaus regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie dem gesetzlichen Leitbild, nach dem nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Wettbewerbstätigkeit uneingeschränkt zulässig ist, sofern die Parteien kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart haben, widerspricht (vom BAG, aaO. offen gelassen).
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 611 Abs. 1; HGB § 74 Abs. 2, § 75d S. 2; GewO § 110 S. 2; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 24.10.2013; Aktenzeichen 5 Ca 831 a/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 24.10.2013 - 5 Ca 831 a/13 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagten zu 1) und 2) tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge).
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Mandantenübernahmeklausel.
Der Kläger war bei den Beklagten zu 1.) und 2.) vom 01.05.1993 bis zum 31.12.2012 als angestellter Steuerberater und seit 2000 als einer von fünf Bezirks-/Beratungsstellenleitern in der Geschäftsstelle der Beklagten in B... S... tätig. In § 8 seiner Arbeitsverträge mit beiden Beklagten (Bl. 12 - 20 u. Bl. 21 - 29 d. A.) ist vereinbart:
"§ 8
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot für den Fall der Kündigung
1.a) Herr B... verpflichtet sich, nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis aufgrund einer Kündigung, gleich aus welchem Grunde und von welcher Vertragspartei sie erfolgt, 2 Jahre lang weder entgeltlich noch unentgeltlich, mittelbar oder unmittelbar, eine buchführungsmäßige, steuerliche oder wirtschaftliche Betreuung von solchen Auftraggebern auszuführen, die im Zeitpunkt der Kündigung des Dienstvertrages, gleich aus welchem Grund und von welcher Seite die Kündigung erfolgt, Auftraggeber der Gesellschaft waren.
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gilt nicht für den Fall des Ausscheidens in Folge des Eintritts in den Ruhestand aufgrund Erreichens der Altersgrenze oder bei Eintritt in die Altersteilzeit.
...
2. Sofern die Gesellschaft gemäß § 75 a HGB auf die Geltendmachung vorstehender Mandantenschutzklausel verzichtet oder im Einzelfall - gleich aus welchem Grunde - Auftraggeber der Gesellschaft im Einverständnis mit diesem durch den ausgeschiedenen Beratungsstellenleiter weiter betreut werden, zahlt dieser die berufsübliche Vergütung für die Übernahme eines Mandats (gegenwärtig 1 Jahresumsatz aus dem Durchschnitt der letzten beiden Jahre vor Übernahme des Mandats) an die Gesellschaft."
Seit 01.01.2013 ist der Kläger als selbstständiger Steuerberater in B... S... tätig. Er berät auch ehemalige Mandanten der Beklagten. Die Beklagten verzichteten auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots, beharren aber auf der Wirksamkeit der in § 8. 2 der Arbeitsverträge geregelten Zahlungsverpflichtung des Klägers.
Der Kläger hält die Regelung in § 8.2 seiner Arbeitsverträge für unwirksam.
Er hat die Auffassung vertreten, es handele sich um eine gemäß den §§ 75 d Satz 2 HGB, 134 BGB unwirksame verdeckte Mandantenschutzklausel. Diese sei mangels fehlender zeitlicher Begrenzung und wegen einer unzumutbar hohen Gewinnabführungsquote unwirksam. Ferner sei die Klausel intransparent und benachteilige ihn insgesamt gesehen unangemessen. Den rechtlichen Ausführungen der Beklagten hierzu tritt der Kläger entgegen.
Der Kläger hat beantragt,
I.
festzustellen, dass die Beklagte zu 1) von dem Kläger nicht gemäß § 8.2 des zwischen den Parteien geschlossenen Anstellungsvertrags vom 27.12.2005/15.03.2006 die Zahlung einer berufsüblichen Vergütung wegen der Annahme eines Mandates durch den Kläger von dem bei der Beklagten unter der DATEV-Mandantennummer ... geführten Mandanten verlangen kann.
II.
festzustellen, dass die Beklagte zu 2) von dem Kläger nicht gemäß § 8.2 des zwischen den Parteien geschlossenen Anstellungsvertrags vom 27.12.2005/15.03.2006 die Zahlung einer berufsüblichen Vergütung wegen der Annahme eines Mandates durch den Kläger von dem bei der Beklagten unter der DATEV-Mandantennummer ... geführten Mandanten verlangen kann.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben die Wirksamkeit der Klauseln verteidigt. Diese seien dahin auszulegen, dass sie nur für diejenigen Mandanten gelten so...