Entscheidungsstichwort (Thema)
Strukturausgleich. Bewährungsaufstieg. Strukturausgleich auch nach bereits erfolgtem Bewährungsaufstieg
Leitsatz (amtlich)
Beschäftigten, die bei Inkrafttreten des TVÜ-L bereits im Wege des Bewährungsaufstiegs in eine der in Anlage 3 aufgeführte Vergütungsgruppe aufgestiegen sind, haben bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen Anspruch auf Leistung eines Strukturausgleichs nach § 12 Abs. 1 S. 1 TVÜ-L.
Normenkette
TVÜ-Länder § 12
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 21.09.2010; Aktenzeichen 4 Ca 2362 b/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.09.2010 – 4 Ca 2362 b/09 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückwirkend ab dem 01.11.2008 einen monatlichen Strukturausgleich in Höhe von 85 EUR brutto für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte dem Kläger Strukturausgleich nach § 12 TVÜ-Länder in Verbindung mit der Anlage 3 TVÜ-Länder zu zahlen hat.
Der Kläger ist am ….1964 geboren. Bei der Beklagten ist er seit dem 01.10.1995 als Diplomwirtschaftsinformatiker in deren Rechenzentrum beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT bzw. jetzt TVÜ-Länder (TVÜ-L). Mit Wirkung vom 01.04.2004 erfolgte im Rahmen eines Bewährungsaufstiegs aus Vergütungsgruppe IVa eine Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe III BAT. Die Überleitung erfolgte in die Entgeltgruppe 11 Stufe 5 des TVL. Mit Schreiben vom 15.12.2008 machte der Kläger der Beklagten gegenüber Zahlung eines Strukturausgleichs nach § 12 TVÜ-L in Verbindung mit der Anlage 3 TVÜ-L geltend. Die Beklagte leistete keine Zahlung.
Mit seiner am 15.12.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Er hat die Auffassung vertreten, die anspruchsbegründenden Voraussetzungen zur Zahlung des Strukturausgleichs lägen vor. Neben der Vergütungsgruppe III und der Lebensaltersstufe 41 sowie dem Ortszuschlag der Stufe 2 sei das Merkmal aus der Anlage 3 zum TVÜ-Länder „Aufstieg” erfüllt. Er habe nicht mehr einen Bewährungsaufstieg zu erwarten. Damit sei die dort aufgestellte Voraussetzung „ohne” erfüllt. Mit der Eintragung „ohne” im Merkmal der Anlage 3 sei gemeint, dass ein Bewährungsaufstieg nicht mehr zu erwarten sei. In der Vergangenheit habe er seinen Bewährungsaufstieg erdient. Jetzt sei dies nicht mehr zu erwarten. Daher sei ein monatlicher Strukturausgleich in Höhe von 85,00 EUR brutto ab dem 01.11.2008 an ihn zu zahlen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Merkmal der Anlage 3 „Aufstieg ohne” sei so zu lesen, dass noch im Zeitpunkt des Tarifwechsels ein Bewährungsaufstieg nicht erreicht worden sei. Mit dem Strukturausgleich sei nach dem Willen der Tarifvertragsparteien ein Ausgleich dafür geschaffen worden, dass mit der Umstellung vom BAT auf den TVL Bewährungsaufstiege zukünftig nicht mehr zum Tragen kommen. Der Kläger habe jedoch bereits einen Bewährungsaufstieg erreicht. Ein Strukturausgleich komme für ihn nicht mehr in Betracht. Dieser Fall sei von den Tarifvertragsparteien nicht gemeint gewesen. Das ergebe sich auch aus dem Verlauf der Tarifvertragsverhandlungen der Tarif schließenden Parteien zur Anlage 3 zum TVÜ-Bund, der gleichlautend sei. Hiernach sei es Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, die Entgelterwartungslücke zu schließen, die sich aus einem anderen Verlauf der Vergütungserhöhung aufgrund der Unterschiede der Lebensaltersstufen nach dem BAT und den Grundentgelt- und Entwicklungsstufen nach dem TVöD ergebe.
Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 21.09.2010, auf das hinsichtlich der Begründung verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Gegen dieses am 21.10.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.11.2010 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung am 20.10.2011 begründet.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt er vor, Sinn und Zweck des Strukturausgleichs sei gewesen, künftigen Entgeltsteigerungen nach dem bisherigen Tarifsystem Rechnung zu tragen. Entscheidend sei gewesen, welche Einkommensentwicklung bei der bisher erreichten Vergütungsgruppe und Lebensaltersstufe sowie dem jeweiligen Familienstand noch möglich gewesen wäre. Deshalb seien die Strukturausgleichsbeträge innerhalb einer Vergütungsgruppe bei verschiedenen Lebensaltersstufen nicht stets gleich hoch. Absicht sei nicht ausschließlich ein Ausgleich der nach bisherigem Tarifsystem bestehenden Aussichten auf Höhergruppierung gewesen. Vielmehr habe auch ein Verlust der Aufstiegsmöglichkeit nach dem Lebensalter ausgeglichen werden sollen. Deshalb seien in Anlage 3 die entsprechenden Lebensaltersstufen aufgeführt.
Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 TVÜ-L verweise nicht auf eine „originäre” Vergütungsgruppe, eine „Ausgangsvergütungsgruppe” oder die „Vergütungsgruppe bei erstmaliger Übertragung der Tätigkeit”. Wenn die Str...