Entscheidungsstichwort (Thema)

Umschulungsverhältnis – Zahlung des Unterhaltsgeldes gem. §§ 47, 44 AFG durch das Arbeitsamt anstelle der Ausbildungsvergütung durch den Arbeitgeber

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 28.06.1989; Aktenzeichen 5b Ca 664/89)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 28. Juni 1989 – 5b Ca 664/89 – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger tragt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte eine Ausbildungsvergütung zahlen muß.

Der Kläger – der kein Gewerkschaftsmitglied ist – ist am 1. Februar 1987 aufgrund des Berufsausbildungsvertrages vom 10. Februar 1987 zum Krankenpfleger ausgebildet worden. Er hat am 31. Januar 1990 die Abschlußprüfung bestanden. Der Berufsausbildungsvertrag lautet u. a. wie folgt (Kopie Bl. 6–9 d. A.):

§ 3

Grundsätzliches über das Ausbildungsverhältnis

Das Ausbildungsverhältnis richtet sich nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegergesetzes ausgebildet werden, vom 28. Februar 1986, in seiner jeweiligen Fassung.

§ 6

Ausbildungsvergütung

Der Auszubildende erhält für die Dauer der Ausbildung kein Ausbildungsentgelt, da eine Förderung durch das Arbeitsamt erfolgt (Umschulungsmaßnahme).

Die Ausbildungsmaßnahme wird vom Arbeitsamt Neumünster als Umschulungsmaßnahme gem. § 47 AFG gefördert. Der Kläger erhält in diesem Rahmen Unterhaltsgeld nach § 44 AFG, derzeit 531,– DM. Von dem Beklagten erhält er keine Ausbildungsvergütung.

Das Kreiskrankenhaus R. hat den Kläger und etwa 20 weitere Umschüler auf Veranlassung des Arbeitsamtes zur Ausbildung eingestellt. Im Jahre 1986 war das Arbeitsamt Neumünster, Dienststelle Rendsburg, vertreten durch seinen Leiter, Herrn O., an das Kreiskrankenhaus R. mit dem Wunsch herangetreten, Arbeitslose und schwer vermittelbare Personen im Wege einer Umschulungsmaßnahme vom Kreiskrankenhaus R. ausbilden zu lassen.

In einem Schreiben des Arbeitsamts Neumünster vom 11. Juli 1986 an das Kreiskrankenhaus R. heißt es hierzu u. a. (Kopie Bl. 25 d. A.):

wie bereits mehrfach persönlich und telefonisch besprochen, hat das Arbeitsamt Neumünster, Dienststelle Rendsburg, ein Interesse daran, arbeitslose Arbeitnehmer zu qualifiziertem Krankenpflegepersonal auszubilden. Von meiner Seite aus wäre es denkbar, ab Januar 1987 mit einem Personenkreis von 15 bis 20 Umschülern eine dreijährige Umschulung im Rahmen des Krankenpflegegesetzes zu beginnen. Die dabei entstehenden zusätzlichen Kosten können, wie Ihnen bekannt ist, durch die Bundesanstalt für Arbeit übernommen werden. Nach den zur Zeit geltenden Richtwerten für die Vergabe von Auftragsmaßnahmen ist ein Stundensatz von 1,80 DM pro Umschüler möglich. Absprachegemäß bitte ich Sie, dies in Ihrem Haus zu überprüfen.

Nachdem Einvernehmen erzielt worden ist, daß das Arbeitsamt anstelle einer von dem Beklagten zu zahlenden Ausbildungsvergütung Unterhaltsgeld nach § 44 AFG zahlten sollte und das Arbeitsamt die Mehrkosten für zusätzliches Personal und zusätzliche sächliche Mittel übernimmt, sind dann Auswahlgespräche mit etwa 30 Umschülern geführt worden. Von diesen Bewerbern sind etwa 20 Umschüler für die Ausbildung ausgesucht worden.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 1988 – dem Beklagten zugegangen am 19. Oktober 1988 – verlangte der Kläger von dem Beklagten die Zahlung von Ausbildungsvergütung nach dem Ausbildungsvergütungstarifvertrag und Zahlung von tariflichem Urlaubsgeld.

Der Kläger hat vorgetragen:

Ihm stehe die tarifliche Ausbildungsvergütung zu. Die Regelung in § 6 des Ausbildungsvertrages sei unwirksam, da sie eine Änderung der Tarifregelung zu seinen Ungunsten enthalte (§ 4 Abs. 3 TVG). Die Zahlung des Arbeitsamtes lägen – unstreitig – unterhalb des tariflichen Ausbildungsentgelts.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 13.326,12 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf 900,– DM seit dem 01.05.1988 sowie 4 % Zinsen auf jeweils 900,– DM seit dem Monatsersten des jeweiligen Folgemonats bis einschließlich 31.12.1988 sowie 4 % Zinsen auf 912,60 DM seit dem 01.01.1989 sowie 4 % Zinsen auf 1.059,63 DM seit dem 01.02.1989 sowie 4 % Zinsen auf 1.059,63 DM seit dem Monatsersten des jeweiligen Folgemonats bis einschließlich 31.05.1989 sowie 4 % Zinsen auf 300,– DM seit dem 01.07.1988 sowie 4 % Zinsen auf 675,– DM seit dem 15.11.1988 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen:

Seine politischen Gremien hätten sich schließlich auf Bitten des Arbeitsamtes bereit erklärt, eine Umschulungsmaßnahme für Krankenpflegeberufe für arbeitslose Arbeitnehmer durchzuführen, sofern alle Kosten der Ausbildungsmaßnahme durch das Arbeitsamt getragen würden. Folglich habe auch das Arbeitsamt in Zusammenarbeit mit den Unterrichtskräften der Krankenpflegeschule und dem Pflegedienstleiter des Kreiskrankenhauses die Bewerberauswahl vorgenommen. Mit Schreiben vom 22. Januar 1987 habe er dem Kläger mitgeteilt, ...

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