Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame außerordentliche Kündigung einer Maklerbetreuerin wegen Entziehung der Fahrerlaubnis nach privater Trunkenheitsfahrt mit Dienstfahrzeug
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Berufskraftfahrers ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Dies gilt auch für den Fall, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis infolge einer privaten Trunkenheitsfahrt erfolgte.
2. Dieser Grundsatz ist auf eine Maklerbetreuerin einer Versicherungsgesellschaft nicht übertragbar, wenn dieser zwar ein Dienstfahrzeug für die Besuchsfahrten zu den Maklern zur Verfügung gestellt worden ist, der Nutzungsvertrag es jedoch zulässt, dass das Firmenfahrzeug von Dritten gefahren werden darf und die Arbeitnehmerin während der Sperrzeit angeboten hat, sich von einem Verwandten fahren zu lassen.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 12.12.2013; Aktenzeichen 4 Ca 1130 b/13) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 12. Dezember 2013, Az.: 4 Ca 1130 b/13, wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Rechtsmittelbelehrung
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Tatbestand
Im Berufungsverfahren streiten die Parteien um die Wirksamkeit einer fristlos, hilfsweise fristgerecht seitens der Beklagten ausgesprochenen Kündigung der Klägerin.
Die 36-jährige Klägerin ist verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Sie ist bei der Beklagten seit dem 14.09.1998 als Versicherungskauffrau, zuletzt seit dem 01.07.2013 in der Position einer Maklerbetreuerin zu einem Monatsgehalt von € 5.300,00 brutto beschäftigt. Es gilt der geänderte Arbeitsvertrag vom 18.03.2013 (Bl. 7-13 d. A.) nebst dem Anforderungsprofil "Maklerbetreuerin" (Bl. 14-18 d. A.). Zu den Aufgaben der Klägerin als Maklerbetreuerin gehört die Zusammenarbeit mit den für die Beklagte tätigen Maklern in Hamburg, Schleswig-Holstein und Teilen Mecklenburg-Vorpommerns und der gewinnbringende Ausbau, deren regelmäßige Kontrolle sowie die Unterstützung und Schulung der Makler vor Ort. Die zu betreuenden Makler sind regelmäßig zu besuchen. Im Anforderungsprofil ist für Erreichung eines guten Leistungsstandards eine Besuchsfrequenz von sieben Besuchen je Woche bei 30 durchschnittlichen Jahreswochen zugrundegelegt. Daneben zählen auch planerische und dokumentarische Aufbereitung der Betreuungsarbeit zu den Aufgaben der Klägerin, die sie im Homeoffice erledigt, sowie die Akquise von Maklern. Seit 23.07.2013 steht der Klägerin aufgrund Nutzungsvertrages vom 22.07.2013 ein Dienstfahrzeug zur Verfügung (Bl. 98 - 100 d. A.).
Infolge einer privaten Trunkenheitsfahrt mit dem Dienstfahrzeug beschädigte sie dieses leicht. Anlässlich der daraufhin durchgeführten polizeilichen Kontrolle wurde bei ihr ein Atemalkoholwert von 2,08 Promille festgestellt. Ihr Führerschein wurde sogleich beschlagnahmt. Die nachfolgende Blutalkoholkontrolle ergab zumindest 1,9 Promille. Später wurde ihr die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist bis November 2014 entzogen.
Die Klägerin informierte noch am 14.08.2013 ihren Vorgesetzten Herrn D. über den Vorfall und über den Verlust des Führerscheins. In den folgenden Tagen rief der Zeuge D. die Klägerin noch mehrmals an und fragte nach dem Sachstand. Die Klägerin zeigte sich jedes Mal ihm gegenüber sowie in einem Personalgespräch mit dem Vorstandsmitglied B., dem Personalleiter G. und dem Zeugen D. am 23.08.2013 zuversichtlich, ihren Führerschein kurzfristig zurück zu erhalten. Während eines weiteren Personalgesprächs am 02.09.2013 wurde der Beklagten klar, dass bei einem Blutalkoholwert von über 1,1 Promille nicht nur die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen ist, sondern dass die Wiedererteilung auch frühestens nach einem Jahr und erfolgreicher MPU erfolgen kann. Sie bot der Klägerin daraufhin einen Aufhebungsvertrag an, den diese jedoch ablehnte. Mit Schreiben vom 03.09.2013 kündigte die Beklagte der Klägerin sodann fristlos und hilfsweise ordentlich zum 31.03.2014.
Hiergegen hat die Klägerin - vertreten durch Rechtsanwälte L. und B. - am 10.09.2013 vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben. Mit Schriftsatz vom 17.10.2013 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit, dass die Parteien erfolgversprechende Vergleichsverhandlungen führten und mit Schriftsatz vom 24.10.2013, dass sich die Parteien zwischenzeitlich auf die Eckpunkte eines Beendigungsvergleichs geeinigt hätte.
Wegen des weiteren, insbesondere streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage in vollem Umfang stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis sei weder durch die fristlose noch durch die ordentliche Kündigung beendet worden. Als Kündigungsgrund berufe sich die Beklagte auf den Entzug der Fahrerlaubnis. Indessen gehörten der Besitz d...