Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeit. Lage der Arbeitszeit. flexibler Einsatz. feste Arbeitszeiten. Mitbestimmung des Betriebsrates. flexibler Arbeitseinsatz. Wunsch nach festen Arbeitszeiten. betrieblicher Grund
Leitsatz (amtlich)
1. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung zur begehrten Lage der Arbeitszeit im Rahmen von § 8 IV 2 TzBfG, so ist der Arbeitgeber daran zunächst gebunden.
2. Klagt der Arbeitnehmer sodann gegen den Arbeitgeber, so ist die ablehnende Haltung des Betriebsrates von den Gerichten für Arbeitssachen im Lichte der Anforderungen des § 8 IV TzBfG zu überprüfen.
3. Allein die fehlende Zustimmung des Betriebsrates zur begehrten Lage der Arbeitszeit ist kein betrieblicher Grund.
4. Existiert im Betrieb das Organisationskonzept eines flexiblen Arbeitseinsatzes, so kann die ablehnende Haltung des Arbeitgebers und des Betriebsrates hinsichtlich fester Arbeitszeiten nicht allein damit begründet, jede Abweichung davon gefährde den Betriebsfrieden. Insoweit ist vielmehr konkret der Einzelfall zu prüfen.
5. § 8 IV TzBfG ist kein Gesetzesvorbehalt gemäß § 87 I BetrVG.
Normenkette
TzBfG § 8 IV 2; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 14.05.2007; Aktenzeichen 2 Ca 322 a/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 14.05.2007 (2 Ca 322 a/07) abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden nur montags bis freitags zwischen 8.30 Uhr bis 14.30 Uhr sowie maximal zweimal pro Monat auch samstags zur Arbeit einzuteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits (beide Rechtszüge).
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Rahmen ihres Teilzeitverlangens die Festlegung ihrer Arbeitszeit für montags bis freitags zwischen 08:30 bis 14:30 Uhr sowie maximal zweimal pro Monat auch samstags.
Die Klägerin trat am 1. Juni 2001 als Mitarbeiterin Kasse / Verkauf / Info in die Dienste der Beklagten ein. Diese behielt sich gemäß Ziffer 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 5. Juli 2001 vor, die Klägerin auch in andere Abteilungen und Häuser der t. B. GmbH zu versetzen und/oder andere Funktionen zuzuweisen. Unter Ziffer 22 des Arbeitsvertrages vereinbarten die Vertragsparteien eine variable Arbeitszeiteinteilung.
Die Klägerin arbeitete im Baumarkt der Beklagten in der R. L. in K.. Dieser weist eine Verkaufsfläche von 6000 qm auf und hat etwa 24 Beschäftigte. An sechs Werktagen wird den Kunden die Möglichkeit eröffnet, in der Zeit zwischen 08:00 Uhr morgens bis 20:00 Uhr abends einzukaufen. Die Beschäftigten werden in dieser Zeit flexibel, das heißt ohne feste Arbeitszeiten, bei einem freien wöchentlichen Arbeitstag eingesetzt. Alle vier Wochen wird außerdem ein freier Samstag gewährleistet. Bei dem Personaleinsatz wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Kundenströme montags bis freitags vorrangig ab 16:00 Uhr anschwellen, samstags ab 10:30 Uhr und erst nach 19:00 Uhr allmählich wieder zurückgehen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Beschäftigten regelmäßig gerade die Arbeitszeit ab Nachmittag beziehungsweise an Samstagen am wenigsten schätzen, also vorzugsweise am frühen Nachmittag beziehungsweise vor dem Wochenende am Freitagnachmittag die Arbeit beenden, um sich der Freizeit, privaten Angelegenheiten oder der Familie zu widmen. Um die betrieblichen mit den privaten Wünschen in Einklang zu bringen, setzt die Beklagte deshalb die Beschäftigten grundsätzlich in wöchentlich wechselnder Schicht rollierend ein.
Die Beklagte vereinbarte unter dem 8. August 2001 mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Rahmenvereinbarung Arbeitszeit. Gemäß § 2 S.1 dieser Betriebsvereinbarung erfolgt die Verteilung der Arbeitszeit im Rahmen einer flexiblen Arbeitszeitregelung bezogen auf das Halbjahresarbeitszeitkonto. Den Arbeitszeitrahmen bildet dabei die Verteilung der Arbeitszeit auf maximal fünf Arbeitstage pro Woche für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte und ein maximales tägliches Einsatzvolumen von neun Stunden pro Mitarbeiter/in. Bestehende einzelvertraglich vereinbarte Arbeitszeitregelungen werden von der Betriebsvereinbarung nicht berührt. Weiterhin erfolgt gemäß § 2 der Betriebsvereinbarung der Einsatz der Mitarbeiter/in filialspezifisch nach der Personaleinsatzplanung, welche jeweils mindestens zwei Wochen im Voraus im Rahmen einer Feinplanung zu erstellen und durch Aushang bekannt zu machen ist. Gemäß § 7 dieser Betriebsvereinbarung endet Montag bis Freitag die Regelarbeitszeit spätestens um 20 Uhr und Samstag spätestens um 16 Uhr. Ausweislich einer Protokollnotiz zu dieser Betriebsvereinbarung vom 1. Oktober 2001 bestand zwischen der Geschäftsleitung der Beklagten und dem dortigen Gesamtbetriebsrat Einigkeit darüber, dass für alle Paragraphen filialspezifische Abweichungen in Abstimmung und mit Zustimmung des jeweils zuständigen Betriebsrates verändert werden können. Wegen der weiteren Einzelheiten dies...