Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeld – Hundebiß
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 10.01.1990; Aktenzeichen 4b Ca 2406/89) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 10. Januar 1990 – 4 b Ca 2406/89 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin macht mit ihrer beim Amtsgericht Kiel erhobenen, an das Arbeitsgericht Kiel verwiesenen Klage Ansprüche auf Schmerzensgeld gegen den Beklagten geltend.
Die 23jährige Klägerin, die Studentin ist, arbeitete als Aushilfe in dem Einzelhandelsgeschäft des Beklagten, in das dieser seinen Dackel mitzunehmen pflegt. Am 17. Dezember 1988 biß der am Schreibtisch angeleinte Hund während einer Kaffeepause die Klägerin in die Hand, als sie ihn streichelte. Die Erstversorgung fand am gleichen Tag in der Chirurgischen Universitätsklinik statt. Der am 19. Dezember 1989 aufgesuchte Arzt Dr. M. bestätigte am 21. Dezember 1989: „… typische Bißmarken rechts und links des 1. Strahles Metakarpale I, mit einer starken oedematösen Schwellung und hochgradigen Bewegungseinschränkungen im Rhizgelenk I rechts” (Bl. 4 d. A). Ausweislich des unstreitigen Tatbestandes des erstinstanzlichen Urteils bestand für fünf Tage eine 100%ige Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit. Die vom Beklagten aufgrund dieses Unfalls in Anspruch genommene Provinzial-Versicherung zahlte 500,– DM Schmerzensgeld an die Klägerin. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte Versicherungsschutz ab.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszuge wird gemäß § 543 ZPO auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kiel vom 10. Januar 1990 nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dies wie folgt begründet:
Es könne dahinstehen, ob vorliegend ein Arbeitsunfall mit der Folge des Haftungsausschlusses gemäß § 636 RVO vorliege. Ein eventueller Anspruch der Klägerin gemäß § 823 Abs. 1 BGB sei durch die Zahlung von 500,– DM Schmerzensgeld der Versicherung des Beklagten mehr als erfüllt.
[xxxxx] der amtsgerichtlichen Rechtsprechung werde dem Geschädigten, im Falle eines Hundebisses in normalen Fällen ein Schmerzensgeld in Höhe zwischen 200,– und 500,– DM zugesprochen. Ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,– DM setze dabei schon erhebliche Beeinträchtigungen voraus. Ein höheres Schmerzensgeld werde nur in schwersten Fällen zuerkannt, so etwa bei Bißverletzungen im Gesicht und bei Dauerfolgen eines Hundebisses. Der Klägerin sei auch ein erhebliches Mitverschulden anzulasten. Es sei allgemein bekannt, daß angeleinte Hunde dazu neigten, nicht selten sogar ihren eigenen Herrn beim Streicheln zu beißen. Deswegen könne dahingestellt bleiben, ob der Beklagte die Klägerin zum Streicheln aufgefordert habe. Gefährliche Dinge tue man auch nach Aufforderung nicht.
Gegen dieses ihr am 18. Januar 1990 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Februar 1990 Berufung eingelegt und die Berufung sogleich begründet.
Die Klägerin trägt vor:
Das Arbeitsgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes den Schweregrad der Verletzung, die Dauer der Behandlung, die Bewegungsbeeinträchtigungen in der rechten Hand, die eingetretenen Schmerzen und die bei ihr eingetretenen psychischen Belastungen nicht ausreichend gewürdigt. Sie sei acht Tage krankgeschrieben gewesen und habe als Studentin nicht an wichtigen Vorlesungen teilnehmen können. Aufgrund unerträglicher Schmerzen habe sie Angst vor einem Dauerschaden gehabt. Die Schmerzen hätten nach Ablauf einer Woche nachgelassen. Die Bewegungsfähigkeit des Daumens sei in den folgenden Wochen jedoch weiterhin eingeschränkt gewesen. Sie habe aus diesem Grunde in den Vorlesungen keine Aufzeichnungen machen können. Die Bewegungsfähigkeit sei zwar jetzt wieder voll hergestellt, es seien jedoch deutlich sichtbare Narben zurückgeblieben (Beweis: Zeugnis des Dr. M.). Die Klägerin bezieht sich auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. Januar 1986, in dem bei einem Hundebiß ein im Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,– DM zugebilligt worden ist.
Die Klägerin schränkt ihre Klage dahingehend ein, daß sie nunmehr Zahlung weiterer 1.000,– DM fordert.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des vorgenannten Urteils zu verurteilen, an die Berufungsklägerin nach gezahlten 500,– DM ein weiteres Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 1.000,– DM zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts und trägt vor:
Die Klägerin sei am 24. Dezember 1988, d. h. genau eine Woche nach der Verletzung, durch Dr. M. untersucht worden. Dieser habe festgestellt, daß keine Beschwerden mehr vorlägen (Beweis: Zeugnis des Dr. M. und Kopie eines ärztlichen Untersuchungsberichtes des Dr. M. vom 19. Januar 1989; wegen des Inhalts dieses Berichtes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen (Bl. 57/58 d. A.)).
Wegen des weiteren Vorbr...