Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung. beharrliche Arbeitsverweigerung. Außerordentliche Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung
Leitsatz (amtlich)
Eine beharrliche Arbeitsverweigerung, die einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen kann, setzt eine Nachhaltigkeit im Willen des Arbeitsnehmers voraus. Eine derart geforderte intensive bzw. nachhaltige Arbeitsverweigerung liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer sich bewusst und willentlich der für ihn erkennbaren und eindeutigen Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers widersetzt.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 03.12.2010; Aktenzeichen 4 Ca 1198 a/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 03.12.2009, Az. 1198 a/09 teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich der Anträge zu Ziff. 2.) und 6.) abgewiesen.
2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trag der Kläger zu 15 % und die Beklagte zu 85 %.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine fristlose Kündigung des Klägers und hiermit verbundene Ansprüche.
Der am …1983 geborene Kläger war bei der Beklagten als Vertriebsbeauftragter im Außendienst zu einem Grundgehalt in Höhe von EUR 1.557,00 brutto zzgl. Provisionen beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen betrug wenigstens EUR 2.350,00. Ihm stand ein Dienstwagen auch zur Privatnutzung zur Verfügung. Gemäß § 16 des Arbeitsvertrages (Bl. 7 f. d. A.) ist das Dienstfahrzeug bei Ausspruch der Kündigung und Freistellung entschädigungslos zurückzugeben.
Sowohl der Kläger als auch dessen Bruder, S. F., der ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt war, kündigten ihre Arbeitsverhältnisse mit Schreiben vom 12.08.2009 fristgemäß zum 30.09.2009 (Bl. 42 d. A.). Beide gaben die Kündigungsschreiben am 12.08.2009 gegen 11:45 Uhr im Büro des Niederlassungsleiters Herrn N. ab. Zudem händigten sie die ihnen zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel (Laptop und Handy) dem Zeugen N. aus. Der Kläger wollte ebenfalls das ihm zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug zurückgeben. Da er die Winterreifen nicht mit sich führte, fuhr er auf Geheiß des Zeugen N. nochmals nach Hause, holte die Winterreifen und gab das Fahrzeug ca. eine Stunde später mit den dazugehörenden Winterreifen bei dem Zeugen N. ab. Herr N. fragte ihn, ob er, der Kläger, seine Arbeitsleistung jetzt einstellen wolle bzw. wie er ohne Arbeitsmittel bis zum Ablauf der Kündigungsfrist arbeiten wolle. Der Rest des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Gegen 13:15 Uhr verließen der Kläger und sein Bruder die Niederlassung der Beklagten. Mit Anwaltsschreiben vom 17.08.2009 bot der Kläger der Beklagten gegenüber seine Arbeitsleistung an. Mit Schreiben vom 24.08.2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos (Bl. 13 d. A.).
Der Kläger hat am 28.08.2009 vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben mit folgenden Anträgen,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 24.08.2009 aufgelöst worden ist,
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, ihm das Kfz Mercedes B 180 CDI, amtliches Kennzeichen NMS – … bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30.09.2009 zu überlassen,
- die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Abrechnung für August 2009 zu erteilen, aus der sich ergibt, dass der Nettolohn 2.110,00 EUR beträgt,
- die Beklagte zu verpflichten, an ihn für den Monat September 2009 1.557,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.10.2009 zu zahlen,
- die Beklagte zu verpflichten, ihm die Arbeitspapiere, bestehend aus Lohnsteuerkarte, Sozialversicherungsnachweis und einer Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III auszuhändigen,
- die Beklagte zu verpflichten, ihm Auskunft zu erteilen über die bis zum 30.09.2009 von ihm herbeigeführten provisionspflichtigen abgerechneten Geschäftsabschlüsse.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands, insbesondere des streitigen Parteivorbringens wie er in der ersten Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F., S., S., N., R. und F.. Zum Inhalt und Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der Kammerverhandlung vom 03.12.2009 verwiesen (Bl. 63 – 68 d. A.).
Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die fristlose Kündigung sei unwirksam. Ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung bilde zwar grundsätzlich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer indessen fest, dass der Kläger nach Übergabe seiner Kündigung sogar die Fortsetzung seiner Arbeitsleistung bis zum 30.09.2009 angeboten habe. Dieses Angebot habe der Zeu...