Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Beschäftigungszeit. geringfügige Beschäftigung. Gleichbehandlungsgrundsatz. Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
Leitsatz (amtlich)
Den Tarifvertragsparteien steht bei Regelungen in Tarifverträgen ein verhältnismäßig weiter Spielraum zu, da in der Regel ein Tarifvertrag ein komplexes Geflecht darstellt, das auf der einen Seite mit Geben und auf der anderen Seite mit Nehmen verbunden ist. Die Übergangsvorschrift in § 4 des 77. Änderungstarifvertrags zum BAT ist aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht zu beanstanden.
Normenkette
BAT § 53 Abs. 3, §§ 19, 3n
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 20.07.2005; Aktenzeichen 3 Ca 679 a/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil es Arbeitsgerichts Kiel vom 20.07.2005 – 3 Ca 679 a/05 – wird auf Ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung, die aus betrieblichen Gründen ausgesprochen worden ist.
Die Klägerin ist am ….1959 geboren. Sie ist verheiratet und hat fünf Kinder. Die Beklagte ist eine amtangehörige Gemeinde und betreibt einen Kindergarten. Die Klägerin war in diesem Kindergarten seit dem 01.01.1989 zunächst als Sozialpädagogische Assistentin (Kinderpflegerin) und zuletzt als Erzieherin tätig. Die Vergütung betrug zuletzt 1.520,00 EUR brutto monatlich (Vergütungsgruppe VI b).
Das Arbeitsverhältnis wurde zunächst mit einer Arbeitszeit von 12 Stunden wöchentlich begründet (Bl. 6, 15 d. A.). Mit Änderungsvertrag vom 26.02.1991 (Bl. 16 d. A.) wurde vereinbart, dass die Vergütung jeweils an die Geringfügigkeitsgrenze angepasst werde. Mit Änderungsvertrag vom 04.01.1993 (Bl. 17 d. A.) wurde die Vergütung auf 520,00 DM monatlich angehoben, mit Vertrag vom 02.12.1993 auf 560,00 DM (Bl. 18 d. A.) und mit Vertrag vom 18.07.1994 (Bl. 19 d. A.) auf 610,00 DM. In § 3 dieses Vertrages wurde ausdrücklich bemerkt, dass auf das Arbeitsverhältnis der BAT mit den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen nicht Anwendung finde. Mit Vertrag vom 10.7.1995 (Bl. 20 d. A.) wurde für die Zeit ab dem 1.8.1995 die Arbeitszeit auf 20 Stunden je Woche angehoben und die Anwendbarkeit des BAT (VKA) vereinbart.
Die Klägerin, die eine berufsbegleitende Ausbildung als Erzieherin absolviert hatte, legte im Juli 2000 die Prüfung ab. Ab dem 01.08.2000 wurde sie in Vergütungsgruppe VII eingruppiert (Bl. 7, 21 d. A.). Ihre Arbeitszeit wurde mit Vertrag vom 22.05.2001 (Bl. 8, 22 d. A.) auf 23 Stunden je Woche angehoben und ihre Eingruppierung mit Wirkung vom 01.01.2002 (Bl. 9 d. A.) in Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 1, Anl. 1 a BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) geändert (Bl. 9, 23 d. A.).
In dem Kindergarten waren zunächst eine Leiterin als Erzieherin und die Klägerin als Sozialpädagogische Assistentin (Kinderpflegerin) tätig. Später wurde eine zweite kindergartenähnliche Gruppe eingerichtet, deren Leitung die Klägerin, die gerade ihre Prüfung als Erzieherin abgelegt hatte, übernahm. Eine andere Mitarbeiterin wurde als Sozialpädagogische Assistentin eingestellt. Insgesamt waren nicht regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG mit Ausnahme der Auszubildenden beschäftigt (Aufstellung Bl. 13 d.A.).
Wegen rückläufiger Kinderzahlen im Kindergarten beschloss die Gemeindevertretung am 28.02.2005 (Bl. 95 d. A.), das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zu kündigen. Vorangegangen war eine Diskussion, ob die Sozialpädagogische Assistentin zu entlassen sei und an deren Stelle die Klägerin eingesetzt werden sollte. Dieser Vorschlag des Bürgermeisters fand keine Mehrheit. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 01.03.2005 (Bl. 10 d. A.) das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 30.09.2005. Der Kindergartenbeirat beschloss am 11.04.2005 (Bl. 51 d. A.) die kindergartenähnliche Gruppe zu schließen. Die Gemeindevertretung beschloss am 20.06.2005 (Bl. 50 d. A.), die Dreitagegruppe zum 31.07.2005 aufzulösen und die Gruppenstärke auf 25 Kinder zu erhöhen.
Mit der am 18.03.2005 erhobenen Klage hat die Klägerin sich gegen die Kündigung gewandt und geltend gemacht, sie sei gemäß § 53 Abs. 3 BAT ordentlich unkündbar. Der Gemeinderatsbeschluss sei erst nach ihrer Kündigung gefasst worden. Auch sei das Rationalisierungsschutzabkommen verletzt. Schließlich sei die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.07.2005 (Bl. 54 d. A.) die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nicht ordentlich unkündbar, da die Zeiten ihrer geringfügigen Beschäftigung bis zum 31. Juli 1995 nicht als Beschäftigungszeit angerechnet würden. Gegen dieses am 10.11.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.12.2005 Berufung eingelegt und diese am 10.01.2006 begründet.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt sie vor, die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Klägerin sei nicht unkündbar, sei unzutreff...