Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfall von Differenzlohnansprüchen eines Leiharbeitnehmers aufgrund arbeitsvertraglicher Ausschlussklausel bei fehlender Tariffähigkeit der Christlichen Gewerkschaften Zeitarbeit. unwirksame Bezugnahme auf abweichenden Tarifvertrag bei fehlender Tariffähigkeit. Beginn arbeitsvertraglicher Verfallfrist mit Fälligkeit der Ansprüche
Leitsatz (amtlich)
Equal-Pay-Anspruch bei Bezugnahmeklausel auf unwirksame CGZP/AMP-Tarifverträge - arbeitsvertragliche Ausschlussfrist
1. Die Tariföffnungsklausel in § 9 Nr. 2 Hbs. 2 und 3 AÜG setzt einen rechtswirksamen einschlägigen Tarifvertrag voraus. Wenn im Arbeitsvertrag auf die einschlägigen CGZP/AMP-Tarifverträge verwiesen wird, liegt keine Bezugnahme auf einen rechtswirksamen Tarifvertrag i.S.v. § 9 Nr. 2 Hbs. 3 AÜG vor, da die CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer Satzungen vom 11.12.2002, 05.12.2005 sowie 08.10.2009 nicht tariffähig war. Es gilt dann weiterhin der Equal-Pay-Grundsatz, § 10 Abs. 4 Satz 4 AÜG.
2. Eine wirksame arbeitsvertragliche Ausschlussfrist beginnt mit der Fälligkeit der jeweiligen Ansprüche und nicht erst mit der Bekanntgabe des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - über die fehlende Tariffähigkeit der CGZP.
Normenkette
AÜG § 9 Nr. 2 Hs. 1, § 9 Nr. 2 Hs. 2, § 9 Nr. 2 Hs. 3, § 10 Abs. 4 Sätze 1-2, 4; TVG §§ 1-2; BGB §§ 242, 305 c Abs. 1, § 306 Abs. 1, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 611 Abs. 1, §§ 614, 779; ZPO § 278
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 27.10.2011; Aktenzeichen 2 Ca 2001 c/10) |
Tenor
1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.10.2011, Az.: 2 Ca 2001 c/10, abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
2.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.10.2011, Az.: 2 Ca 2001 c/10, wird zurückgewiesen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt der Kläger.
4.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen über Equal-Pay-Ansprüche nach § 9 Nr. 2 AÜG sowie um Aufwendungsersatzansprüche des Klägers.
Der 46-jährige Kläger war vom 01.06.2007 bis zum 31.07.2009 als Energieanlagenelektroniker bei der Beklagten, einem Unternehmen, das Arbeitnehmerüberlassung betreibt, auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 29.05.2007 beschäftigt (Bl. 8-9 d.A.). Zuvor war er bei der Firma P. Zeitarbeit GmbH, die ebenfalls Arbeitnehmerüberlassung betreibt, aufgrund eines inhaltsgleichen Vertrages seit dem 09.05.2007 angestellt (Bl. 6-7 d.A.). Bei einer vertraglich vereinbarten 35-Stundenwoche betrug der Stundenlohn EUR 7,63 brutto zzgl. einer außertariflichen Zulage von EUR 0,37 brutto und ab dem 01.07.2008 EUR 7, 94 brutto zzgl. einer außertariflichen Zulage von EUR 0,06 brutto.
Soweit hier von Belang beinhaltete der Arbeitsvertrag vom 29.05.2007 folgende Regelungen:
"§ 1 Vertragsgegenstand/ Tarifanwendung
(1) Der Arbeitnehmer wird als Energieanlagenelektroniker(in) eingestellt. Er verpflichtet sich, bei Kundenunternehmen des Arbeitgebers an verschiedenen Orten im gesamten Bundesgebiet und ggf. im benachbarten Ausland tätig zu werden.
...
(4) Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zur Zeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Beschäftigungssicherungstarifvertrag).
Im Falle eines Verbandswechsels des Arbeitgebers gelten die Bestimmungen der dann einschlägigen Tarifwerke in ihrer jeweils geltenden Fassung. ...
(5) Soweit die nachfolgenden Regelungen mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge wörtlich übereinstimmen, dient dies der besseren Verständlichkeit dieses Vertrages; Wortlaufwiederholungen tariflicher Bestimmungen sind demnach nur deklaratorisch.
Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder zukünftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils maßgeblichen tariflichen Bestimmungen. Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweisung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Vertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.
...
§ 4 Vergütung
(1) Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage der für den Arbeitgeber gem. § 1 dieses Vertrages geltenden Tarifverträge (Entgeltrahmentarifvertrag und Entgelttarifvertrag Ost/ West*). Der Arbeitnehmer wird entsprechend seiner Tätigkeit in die Entgeltgruppe E4 des Entgeltrahmentarifvertrages (Ziff. 3) eingruppiert.
Der Stundenlohn beträgt danach 7,63 EUR brutto (Ziff. 2 Entgelttarifvertrag Ost/ West*).
zzgl. ggf. übertarifliche Zulage 0,37 EUR brutto
*Nicht Zutreffendes bitte streichen
...
§ 12 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen
(1) Beide Vertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur sc...