Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Urlaubsanspruchs während der Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
§ 17 BEEG ist europarechtskonform.
Normenkette
BEEG §§ 17, 17 Abs. 1; EGRL 88/2003 Art. 7 Abs. 1 Fassung: 2003-11-04
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Entscheidung vom 19.02.2015; Aktenzeichen 3 Ca 1123/14) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 19.02.2015 - 3 Ca 1123/14 - teilweise geändert:
Es wird festgestellt, dass der Klägerin noch Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2012 im Umfang von 6,25 Arbeitstagen, aus dem Jahr 2013 von 2,08 Arbeitstagen und aus dem Jahr 2015 im Umfang von 2,08 Arbeitstagen zustehen. Im Übrigen wird der Hauptantrag der Klägerin abgewiesen und die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 92 %, die Beklagte 8 % der Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision für die Klägerin wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang des Urlaubsanspruchs der Klägerin während ihrer Elternzeit.
Die Klägerin ist seit dem 01.04.2007 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 28.02.2007 (Bl. 153 - 156 d. A.) zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 1.105,-- € als Friseurin beschäftigt. Abweichend vom Arbeitsvertrag stehen der Klägerin, die regelmäßig an 5 Tagen in der Woche tätig ist, im Kalenderjahr 25 Arbeitstage Urlaub zu.
Nach der Geburt ihrer Kinder am 26.10.2009 und 05.12.2012 nahm die Klägerin - jeweils im Anschluss an die Mutterschutzfrist nach § 6 Abs. 1 MuSchG - in der Zeit vom 27.12.2009 bis 26.10.2012 und vom 30.01.2013 bis 04.12.2015 Elternzeit. Bereits am 15.10.2012 hatte die Schutzfrist der Klägerin nach § 3 Abs. 2 MuSchG im Hinblick auf den am 05.12.2012 geborenen Sohn begonnen. Tatsächlich arbeitete die Klägerin seit 2009 bis zum 04.12.2015 nicht. Am 05.12.2015 nahm sie ihre Arbeit auf. Seit dem 06.12. ist sie zunächst wegen der Erkrankung ihrer Kinder und im Anschluss daran wegen eigener Arbeitsunfähigkeit bis zum Berufungstermin nicht für die Beklagte tätig gewesen.
Mit Schreiben vom 10.10.2014 (Bl. 30 f. d. A.) machte die Beklagte über ihren Prozessbevollmächtigten für jeden vollen Monat der Elternzeit von ihrer Kürzungsbefugnis nach § 17 BEEG Gebrauch.
Mit ihrer am 20.10.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin Zahlung von Urlaubsabgeltung für je 25 Tagen aus den Jahren 2012 bis 2014 verlangt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 19.02.2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im bestehenden Arbeitsverhältnis könne eine Urlaubsabgeltung nicht verlangt werden.
Gegen dieses ihr am 13.03.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.03.2015 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 15.06.2015 - am 08.06.2015 begründet.
Sie führt aus:
Der Argumentation des Arbeitsgerichts trage sie durch Umstellung ihrer Klageanträge Rechnung. Ihr stehe in vollem Umfang für die Jahre 2012 bis 2015 ihr Jahresurlaub zu. Die Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers nach § 17 Abs. 1 BEEG sei europarechtswidrig und damit unwirksam.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 19.02.2015 zum Az. 3 Ca 1123/14 wie folgt zu ändern:
Es wird festgestellt, dass der Klägerin gegenüber der Be- klagten für die Jahre 2012 bis 2015 noch je Kalenderjahr ein Urlaubsanspruch im Umfang von 25 Urlaubstagen zusteht,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 1.291,50 € brutto Urlaubsabgeltung für das Jahr 2012 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 10.10.2014 zu bezahlen,
an die Klägerin 1.291,50 € brutto Urlaubsabgeltung für das Jahr 2013 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 10.10.2014 zu bezahlen,
an die Klägerin 1.291,50 € brutto Urlaubsabgeltung für das Jahr 2014 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 10.10.2014 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert:
Eine Abgeltung des Urlaubs habe das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung abgelehnt. Für die Jahre 2012 bis 2014 habe die Klägerin keinen Urlaub gewährt bekommen oder genommen, entsprechende Ansprüche seien daher erloschen. Im Übrigen habe sie den Anspruch zulässigerweise nach § 17 Abs. 1 BEEG gekürzt. Die Vorschrift sei europarechtskonform. Der Anspruch sei auch nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist verfallen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur zu einem geringen Teil begründet. Der Klägerin stehen für die Jahre 2012, 2013 und 2015 noch Resturlaubsansprüche zu, allerdings gekürzt nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 BEEG. Der weitergehende Hauptantrag der Klägerin ist unbegründet, ebenso wie die Hilfsanträge. Im Einzelnen gilt Folgendes:
A.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig.
Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 lit b ArbGG statthaft und form- und fristgemäß e...