REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE / ZUGELASSEN JA
Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung des § 14 Abs. 2 KSchG
Leitsatz (amtlich)
Ein im Rahmen der „Butterfahrt” eingesetzter Kapitän ist leitender Angestellter i. S. des § 14 II KSchG, zumal der Kapitän außerhalb des Heimathafens alle Rechtshandlungen vorzunehmen befugt ist, die u. a. die Bemannung des Schiffes betreffen – § 527 HGB –.
Normenkette
KSchG § 14 Abs. 2 S. 2; HGB § 527
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Urteil vom 23.07.1985; Aktenzeichen 2 Ca 585/85) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 23. Juli 1985 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis gemäß den §§ 9, 10, 14 Abs. 2 KSchG aufzulösen ist.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 23.07.1985 nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis der Parteien auf den –hilfsweise gestellten– Antrag der Beklagten zum 30.06.1985 aufgelöst und zur Begründung angeführt, daß der Auflösungsantrag der Beklagten gemäß den §§ 14 Abs. 2 S. 2, 9 KSchG ohne Angabe von Gründen berechtigt sei, weil der Kläger Betriebsleiter und leitender Angestellter gewesen sei.
Gegen dieses ihm am 07.08.1985 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.08.1985 Berufung eingelegt und diese am 10.09.1985 begründet.
Der Kläger trägt vor:
Dem erstinstanzlichen Urteil könne nicht gefolgt werden, soweit es zu dem Ergebnis komme, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien auf den Antrag der Beklagten aufzulösen sei. Grundsätzlich bedürfe es nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG der Feststellung von Umständen und Gründen, weshalb „eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht” mehr zu erwarten sei. Derartige Gründe enthalte der Vortrag der Beklagten nicht. Das erstinstanzliche Urteil habe unzutreffenderweise angenommen, daß § 9 Abs. 1 KSchG nicht eingreife, weil der Kläger leitender Angestellter i. S. des § 14 Abs. 2 KSchG sei, so daß die Auflösung auch ohne Begründung auszusprechen sei. Wegen des eindeutigen Wortlauts des § 24 Abs. 5 KSchG komme § 14 KSchG aber überhaupt nicht zur Anwendung, so daß die Einschränkungen des § 14 Abs. 2 KSchG für Kapitäne keine Gültigkeit hätten. Im übrigen verlange § 14 Abs. 2 KSchG neben der Einordnung als Geschäftsführer, Betriebsleiter oder sonstiger leitender Angestellter kumulativ auch die Berechtigung zur Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern. Die Entscheidungsfreiheit zur selbständigen Personaldisposition habe die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 25.02.1985 dem Kläger jedoch ausdrücklich aberkannt; denn nach diesem Schreiben dürfe der Kläger Einstellungen und Entlassungen der seemännischen Mannschaft nur „nach Rücksprache mit der Reederei” treffen. Der Inhalt dieses Änderungsschreibens sei, da eine Änderungsschutzklage nicht erhoben worden sei, für beide Seiten bindend geworden. In der Praxis sei der Kläger schon vorher bei Personalentscheidungen nicht selbständig gewesen; denn die Einstellung des Mitarbeiters W. zum 12.12.1984 sei ausschließlich von dem Geschäftsführer der Beklagten getroffen worden; auch die Kündigung des Mitarbeiters E. habe der Kläger am 01.12.1984 auf Anweisung des Geschäftsführers L. der Beklagten ausgesprochen. Von eigenverantwortlichen Personalentscheidungen des Klägers könne daher im Innenverhältnis zu der Beklagten keine Rede sein.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1985 gegen Zahlung einer Abfindung von 6.500,– DM aufgelöst worden ist und den entsprechenden Antrag auf Auflösung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit Sach- und Rechtsausführungen und betont, daß § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG auf den Auflösungsantrag anwendbar sei, weil die selbständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis des Klägers überhaupt nicht geändert worden sei; das Schreiben vom 25.02.1985 habe die Befugnisse des Klägers im Außenverhälntis nicht berührt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszuge wird auf die vorbereitend gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist der Beschwer nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.
In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil ist die Berufungskammer der Auffassung, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG zum 30.06.1985 aufzulösen war, ohne daß der Auflösungsantrag einer Begründung bedürfte.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 14 Abs. 2 KSchG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar, auch wenn nach § 24 Abs. 5 KSchG der Kündigungsschutz des ersten Absch...