Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Firmentarifvertrages. Sonderzahlung. Tarifvertrag. Auslegung. Gewerkschaftsmitglied. Besitzstandsregelung. Mindestgarantie. Betriebszugehörigkeit. Stichtagsregelung
Leitsatz (amtlich)
§ 5 Ziffer 12 des ab 2007 für die Damp Holding AG geltenden „Tarifvertrages über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung” stellt eine Besitzstandsregelung nur für Gewerkschaftsmitglieder dar, die am 31.12.2006 Arbeitnehmer eines Unternehmens der Holding waren.
Normenkette
TVG § 1; Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung der Damp Holding AG § 5 Ziff. 12; Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung der Damp Holding AG § 5 Ziff. 13
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 09.02.2011; Aktenzeichen 4 Ca 925 a/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 09.02.2011 – 4 Ca 925 a/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine tarifliche Sonderzahlung für das Jahr 2009.
Der Kläger ist seit dem 01.10.2008 bei der Beklagten als Operationstechnischer-Angestellter mit einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 2.106,59 EUR beschäftigt. Er ist seit dem Jahr 2008 Mitglied in der Gewerkschaft ver.di. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag vom 22.03.2007 in der Fassung vom 21.11.2008 über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung Anwendung.
Nach § 2 Ziffer 1 des Tarifvertrages erhält jeder Arbeitnehmer für jedes Wirtschaftsjahr eine Sonderzahlung, deren Höhe von der Entwicklung des Betriebsergebnisses (EBITDA) des Konzerns der D. Holding AG abhängig ist. Nach § 5 Ziffer 9 des Tarifvertrages wird die jeweilige EBITDA-Quote einem bestimmten Faktor der Sonderzahlung für das Jahr 2009 zugeordnet. Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass nach dem Konzernergebnis für das Jahr 2009 eine Sonderzahlung nicht an die Beschäftigten der Beklagten gemäß § 5 Ziffer 9 des Tarifvertrages zu zahlen ist.
In § 5 ist weiterhin geregelt:
„12. Unabhängig von einer möglichen höheren Zahlung nach den Regelungen der Ziffern 4 bis 9 erhalten Mitglieder der Gewerkschaften ver.di sowie NGG in den Jahren 2007 bis 2009 mindestens eine garantierte Jahressonderzahlung in Abhängigkeit zu der am 31.12.2006 jeweils gültigen tariflichen Regelung nach folgender Tabelle:
Am 31.12.2006 gültige Regelung |
Garantierter Faktor |
Sonderzahlung nach Haustarif |
0.80 |
TVÖD (Regelung 2007) |
0,60 bis 0,90 |
TVL |
0,35 bis 0,95 |
TVÖD-Ost |
0,45 bis 0,675 |
BAT-Ost |
0,6721 |
ENDO-Klinik |
0,35 |
NGG |
0,40 |
13. Als Gewerkschaftsmitglied gilt, wer spätestens am 06.03.2007 in die Gewerkschaft eingetreten ist und dessen Mitgliedschaft am 30.11. des jeweiligen Wirtschaftsjahres noch besteht und im Anspruchsjahr die Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht gekündigt wurde. Für die Jahre 2008 und folgende gilt jeweils der 01.01. des Jahres als spätestes Eintrittsdatum.?
§ 5 Ziff. 13 ist mit § 2 Ziffer 2 des Änderungstarifvertrags zum Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung vom 21.11.2008 wie folgt neu gefasst worden:
„Als Gewerkschaftsmitglied gilt, wer spätestens zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Sonderzahlung in die Gewerkschaft eingetreten ist.?
Mit seiner am 15.04.2010 erhobenen Klage hat der Kläger Zahlung der Leistung gem. § 5 Ziff. 12 gefordert. Er hat vorgetragen, die Regelung knüpfe nicht an einen Stichtag an, sondern enthalte die Regelung einer Besitzstandswahrung für Gewerkschaftsmitglieder, ohne Rücksicht darauf, ob am 31.12.2006 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Der Verweis auf das Datum des 31.12.2006 in § 5 Ziffer 12 des Tarifvertrages bedeute nicht, dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden haben müsse. Dafür spreche auch, dass nach § 2 Ziffer 2 des Änderungstarifvertrages als Gewerkschaftsmitglied gelte, wer spätestens zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Sonderzahlung in die Gewerkschaft eingetreten sei. Gebe es eine Stichtagsregelung zum 31.12.2006, wäre die vorstehende Regelung überflüssig und unsinnig.
Ihm stehe unter Berücksichtigung des anzuwendenden Tarifvertrags mit der Gewerkschaft NGG gemäß § 5 Ziffer 12 des Tarifvertrages ein garantierter Faktor von 0,40 als Sonderzahlung zu. Hiervon seien 90 % nach § 5 Ziffer 2 des Tarifvertrages im November 2009 als Abschlag fällig gewesen. Dies ergebe rechnerisch den mit der Klage geltend gemachten Betrag.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 842,64 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, § 5 Ziffer 12 enthalte eine Besitzstandsregelung für solche Arbeitnehmer, die bereits am 31.12.2006 Arbeitnehmer des Konzerns gewesen seien. Denn durch die Abhängigkeit der Mindestgarantie von der am 31.12.2006 gültigen tariflichen Regelung zur Sonderzahlung sei in § 5 Nr. 12 klargestellt, dass sich die Mindest...