Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadenersatzansprüche des Arbeitgebers nach einem Verkehrsunfall des Arbeitnehmers mit dem Lkw des Arbeitgebers
Leitsatz (redaktionell)
Bei Schadenersatzansprüchen des Arbeitgebers nach einem Verkehrsunfall des Arbeitnehmers mit dem Lkw des Arbeitgebers sind die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, sein bei dem Arbeitgeber erzieltes Arbeitsentgelt, seine Unerfahrenheit, der Grad des Verschuldens auch in Bezug auf den Schadenseintritt, aber auch die beim Arbeitgeber entstandene Schadenshöhe, das diesen treffende Betriebsrisiko sowie die Möglichkeit einer Risikovorsorge zu berücksichtigen. Gegebenenfalls ist ein Schadensausgleichsanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer auf eine bestimmte Anzahl von Monatsverdiensten zu beschränken.
Normenkette
GVG § 17a; ArbGG § 5 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 31.03.2011; Aktenzeichen 2 Ca 1492 c/10) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 31.03.2011 – 2 Ca 1492 c/10 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.885,– EUR nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Oktober 2010 zu zahlen.
II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen weitergehenden Schaden aus dem Unfallereignis vom 20. Juli 2010 bis zu einem Betrag aus I und II in Höhe von insgesamt 5.200,– EUR zu ersetzen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten erster Instanz trägt die Klägerin 83 %, der Beklagte 17 %. Von den Kosten zweiter Instanz trägt die Klägerin 2/3, der Beklagte 1/3.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Unfall vom 20. Juli 2010.
Die Klägerin betreibt eine Spedition.
Der jetzt 24-jährige Beklagte war knapp 4 Wochen für die Klägerin als Fahrer beschäftigt. Am 01.07.2010 nahm er seine Arbeit auf. Am 20.07.2010 verursachte er während der Arbeit mit dem ihm zur Verfügung gestellten Lastkraftwagen einen Verkehrsunfall. Infolge dessen beendete die Klägerin das Arbeitsverhältnis am 28.07.2010 fristlos.
Der Beklagte hat bei der Klägerin 1.300,00 EUR brutto monatlich verdient. Die Fahrerlaubnis zur Führung eines Lastkraftwagens besitzt er seit dem 23. Februar 2009.
Am 20. Juli 2010 verursachte der Beklagte mit einem Sattelzug der Klägerin, bestehend aus einer Zugmaschine und einem 14 Jahre alten Auflieger, einen Verkehrsunfall. Um ca. 14.00 Uhr dieses Tages fuhr er mit einer Geschwindigkeit von 93 km/h auf der Landstraße 2… (S.-H.-Straße/Ecke H. Weg) in eine Linkskurve. Zulässig war eine Geschwindigkeit von 60 km/h. Der Beklagte verlor die Kontrolle über den Sattelzug und kam von der Straße ab. Der Sattelzug stürzte um. Die Zugmaschine, der Auflieger, die transportierte Ware und das Grundstück, auf das der Sattelzug kippte, wurden beschädigt. Der Beklagte wurde leicht verletzt. Die Versicherung der Klägerin hat einen Großteil des Schadens reguliert, der Beklagte ein Bußgeld von 35,00 EUR bezahlt.
Der Sattelzug war vollkaskoversichert. Die Klägerin zahlte insoweit eine Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000,00 EUR, deren Erstattung sie von dem Beklagten begehrt.
Der 14 Jahre alte Sattelauflieger war altersbedingt nicht mehr vollkaskoversichert. Die Haftpflichtversicherung hat Kosten für die Bergung des Aufliegers in Höhe von 3.175,00 EUR nicht übernommen. Deren Erstattung wird vom Beklagten begehrt.
An dem Sattelauflieger entstand Totalschaden. Dessen Restwert vor dem Unfall hat das Arbeitsgericht – von der Klägerin zweitinstanzlich nicht mehr beanstandet – auf 5.000,00 EUR geschätzt. Der beschädigte Auflieger ist einem Zirkus zur Verschrottung kostenlos übereignet worden. So hat die Klägerin Entsorgungskosten gespart. Auch die Erstattung dieses Restwertes begehrt die Klägerin von dem Beklagten.
Hinsichtlich der ansonsten versicherten Ware macht die Klägerin gegenüber dem Beklagten ihre Selbstbeteiligung in Höhe von 250,00 EUR geltend.
Desweiteren begehrt die Klägerin Ersatz der für das Jahr 2010 zu erwartenden Maluszahlung – angegeben mit rund 7.600,00 EUR – sowie des Höherstufungsschadens in der Haftpflichtversicherung für das Jahr 2011 – angegeben mit rund 4.200,00 EUR. Beides war zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung noch nicht fällig gestellt.
Die Klägerin hat stets die Ansicht vertreten, der Beklagte habe grob fahrlässig gehandelt, weil der Beklagte das Fahrzeug mit Maximalgeschwindigkeit in der Kurve gefahren hat. Allein deshalb sei der Sattelzug umgestürzt. Er habe den vollen Schaden zu ersetzen.
Die Klägerin hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 29.689,42 EUR nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 26. Oktober 2010 zu zahlen und
- f...