REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE / ZUGELASSEN JA
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine „automatische” Übertragung des Urlaubs gem. § 7 Abs. 3 BUrlG
Leitsatz (amtlich)
Die Übertragung des Urlaubs gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 BUrlG erfolgt nicht „automatisch”, sondern stellt ein Rechtsgeschäft dar, so daß es einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedarf. (Gegen bisherige Rechtsprechung und Kommentar-Meinung)
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 3-4
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 27.06.1995; Aktenzeichen 1 Ca 254/85) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 27. Juni 1995 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 9. April 1984 als Arbeiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien fand sein Ende durch Kündigung der Beklagten vom 3. Oktober 1984 am 19. Oktober 1984. Die Parteien hatten die Geltung des Manteltarifvertrages für die Metallindustrie im Nordverbund (MTV) vereinbart. Der Kläger war arbeitsunfähig krank vom 7. Juni bis 15. Juni, am 4. und 5. Juli und durchgehend seit dem 31. Juli 1984.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger für 10 Tage Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.070,40 DM und zusätzliches tarifliches Urlaubsgeld in Höhe von 535,20 DM. Diesen Anspruch hatte der Kläger durch Schreiben vom 10. Januar 1985 dem Beklagtenvertreter gegenüber, der damals schon die Beklagte vertrat, geltend gemacht. Dieses Schreiben ist dem Beklagtenvertreter vor dem 19. Januar 1985 zugegangen. Die Klage ist am 5. März 1985 bei Gericht eingegangen.
Der Kläger trägt vor, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei nicht gemäß § 16 MTV verfallen, denn er habe ihn rechtzeitig innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend gemacht. Der Urlaubsanspruch sei auch nicht deswegen entfallen, weil er während des Kalenderjahres und im Übertragungszeitraum (1. Quartal 1985) arbeitsunfähig krank gewesen sei. Er sei zwar durchgehend vom 31. Juli im Jahre 1984 arbeitsunfähig krank gewesen. Am 1. März 1985 sei er hingegen wieder gesund und arbeitsfähig gewesen. Im März hätte er darum den Urlaub wieder antreten können. Sofern die neuere Rechtsprechung ein Übertragungsverlangen fordern sollte, sei auch diese Voraussetzung erfüllt. Denn er habe in der Güteverhandlung am 6. November 1984 in dem vorhergehenden Kündigungsschutzprozeß 1 Ca 1127/84 darauf hingewiesen, daß er noch arbeitsunfähig krank sei. Dieser Hinweis reiche für das Übertragungsverlangen aus.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.605,60 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 12. März 1985 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, der Anspruch sei schon wegen der tariflichen Verfallklausel von § 16 MTV erloschen, denn die Frist beginne mit dem 9. September 1984 zu laufen, dem Tage, an dem die Beklagte eine Beendigungserklärung abgegeben habe. Im übrigen sei der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht zu verwirklichen gewesen, weil er nicht ins Jahr 1985 übertragen worden sei. Nach § 10 Ziff. 6.8 MTV könne die Übertragung von Teilurlaub nur auf Verlangen erfolgen. Dieses Verlangen habe der Kläger nicht gestellt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat dazu ausgeführt, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei durch Zeitablauf erloschen. Nach § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG müsse der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Der Kläger habe den Urlaub im Jahre 1984 nicht mehr nehmen können, weil er in diesem ganzen Jahr arbeitsunfähig krank gewesen sei. Der Urlaubsanspruch sEi zeitlich beschränkt auf das Kalenderjahr; er müsse, wie es § 7 sage, im lauf enden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Geschehe dies nicht und liege auch ein Übertragungstatbestand nach § 7 Abs. 3 S. 2 und 3 BUrlG nicht vor, erlösche der Urlaubsanspruch durch Zeitablauf und könne nicht mehr verlangt werden (BAG, Urteil vom 13.5.1982 – 6 AZR 360/80 – AP Nr. 4 zu § 7 BUrlG – Übertragung –). Diese Grundsätze gülten nicht nur für den eigentlichen Urlaubsanspruch, sondern auch für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch entstehe nicht, wenn ein Arbeitnehmer nach dauernder Arbeitsunfähigkeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide, ohne in dem Kalenderjahr (oder im Übertragungszeitraum bei Vorliegen von dessen Voraussetzungen) die Arbeitsfähigkeit wieder zu erlangen (BAG, Urteil vom 23.6.1983 – 6 AZR 180/80 – AP Nr. 14 zu § 7 BUrlG – Abgeltung –). Der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts, der nunmehr für das Urlaubsrecht zuständig sei, sehe die Urlaubsabgeltung als Surrogat des Urlaubsanspruchs an, weil sie die gleiche Funktion wie der Urlaubsanspruch habe. Daraus folge notwendig, daß ein Abgeltungsanspruch nicht entstehen könne, wenn der Arbeitnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit gehindert gewesen sei, den Urlaub...