Entscheidungsstichwort (Thema)

Rettungsdienst. Bereitschaftszeiten. Darlegungslast. Zeitzuschläge. Wechselschichtzulage. Bereitschaftszeit im Rettungsdienst

 

Leitsatz (amtlich)

1. Liegen Bereitschaftszeiten der Rettungssanitäter im Sinne des Anhangs zu § 9 Abschn. B Abs. 1 TVöD in wechselnden Arbeitsschichten, arbeiten die Arbeitnehmer „ununterbrochen” im Sinne von § 7 Abs. 1 TVöD und haben deshalb Anspruch auf die Wechselschichtzulage (im Anschluss an BAG 24.09.2008 – 10 AZR 669/07 –).

2. Fällt in die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit Bereitschaftszeit, so sind Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 2 lit b) und c) TVöD auch dann zu zahlen, wenn in den zuschlagspflichtigen Zeiten nicht ausschließlich Vollarbeit anfällt.

 

Normenkette

TVöD §§ 8-9

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Urteil vom 14.06.2007; Aktenzeichen 5 Ca 352 c/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.07.2010; Aktenzeichen 5 AZR 342/09)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn – Kammer Meldorf – 5 Ca 352c/07 vom 14.06.2007 wird auf die Berufung des Klägers teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger folgende Zahlungen mit jeweils Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.03.2007 zu leisten:

  1. Wechselschichtzulage von 50,00 EUR brutto,
  2. Zeitzuschläge von 110,97 EUR brutto,
  3. Überstundenvergütung von 773,97 EUR brutto.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge) trägt der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen, soweit sie zur Zahlung von Zeitzuschlägen verurteilt worden ist (Ziffer 2)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung einer Wechselschichtzulage, von Zeitzuschlägen und um die Vergütung von behaupteter Mehrarbeit.

Der am …1964 geborene Kläger ist seit Dezember 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Kreis P., als Rettungsassistent tätig. Der Kläger arbeitet in Vollzeit auf der Rettungswache E.. Die Beklagte betreibt als gemeinnützige GmbH den Rettungsdienst in den Kreisen D., P. und R.-E.. Sie muss den Rettungsdienst nach den landesrechtlichen Vorschriften des schleswig-holsteinischen Rettungsdienstgesetzes gemäß § 6 Abs. 2 RDG unter Beachtung der Gebote der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit erbringen.

Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD Anwendung. Die wöchentliche Arbeitszeit belief sich nach § 6 Abs. 1 Satz 1 b) TVöD im Tarifgebiet West bis Ende 2006 auf 38,5 Stunden. Seit Januar 2007 beträgt sie 39 Stunden.

Die hier maßgeblichen Vorschriften des TVöD lauten wie folgt:

§ 7 Sonderformen der Arbeit

(1) Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen.

(2) Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens zwei Stunden in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht, und die innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird.

(5) Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr.

(7) Überstunden sind die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden.

§ 8 Ausgleich für Sonderformen der Arbeit

(1) Der/Die Beschäftigte erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen – auch bei Teilzeitbeschäftigten – je Stunde

a)

für Überstunden

in den Entgeltgruppen 1 bis 9

30 v. H.

in den Entgeltgruppen 10 bis 15

15 v. H.

b)

für Nachtarbeit

20 v. H.

c)

für Sonntagsarbeit

25 v. H.,

des jeweils auf eine Stunde entfallenden Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe.

(5) Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von 105 Euro monatlich. Beschäftigte, die nicht ständig Wechselschichtarbeit leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von 0,63 Euro pro Stunde.

§ 9 Bereitschaftszeiten

(1) Bereitschaftszeiten sind die Zeiten, in denen sich die/der Beschäftigte am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit selbständig, ggf. auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Für Beschäftigte, in deren Tätigkeit regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten fallen, gelten folgende Regelungen:

  1. Bereitschaftszeiten werden zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet...

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