Entscheidungsstichwort (Thema)

Rettungsdienst. Mehrarbeit. Bereitschaftszeiten. Arbeitszeit. Darlegungslast

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 7 Abs. 6 TVöD sind Mehrarbeit die Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten zu leisten haben.

2. Der Arbeitnehmer, der die Vergütung von Mehrarbeit fordert, muss ebenso wie bei dem Begehren zur Vergütung von Überstunden im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Der Anspruch auf Überstundenvergütung setzt ferner voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren. Der Arbeitnehmer muss dabei darlegen, von welcher Normalarbeitszeit er ausgeht und dass er tatsächlich gearbeitet hat. Ist streitig, ob in einem Zeitraum Arbeitsleistungen erbracht wurden, trifft den Arbeitnehmer nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Er muss darlegen, welche geschuldete Tätigkeit er ausgeführt hat. Dies gilt auch dann, wenn streitig ist, ob Arbeitsleistung oder Bereitschaftsdienst angefallen ist.

 

Normenkette

TVöD § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 6, § 8 Abs. 2, § 7 Abs. 7, § 9 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Urteil vom 14.06.2007; Aktenzeichen 5 Ca 351 c/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 14.06.2007 – 5 Ca 351 c/07 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 468,38 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.03.2007 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge) trägt zu 41 % die Beklagte und zu 59 % der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Vergütung von behaupteter Mehrarbeit und dabei um die Frage, wie hoch der Anteil von Bereitschaftszeiten an der Arbeitszeit des Klägers ist.

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1986 bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin als Rettungsassistent tätig, und zwar in der Rettungswache E. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD Anwendung. Der Kläger arbeitete zuletzt mit der Hälfte der tariflichen Arbeitszeit, also im November und Dezember 2006 mit 19,25 und ab Januar 2007 mit 19,5 Stunden.

Die Beklagte in der Rechtsform einer gGmbH übernahm vom Kreis P. den Rettungsdienst und Krankentransport. Sie muss den Rettungsdienst nach den landesrechtlichen Vorschriften des schleswigholsteinischen Rettungsdienstgesetzes gemäß § 6 Abs. 2 RDG unter Beachtung der Gebote der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit erbringen.

Seit dem 1. November 2006 arbeitet der Kläger nach einem Dienstplan, der eine wöchentliche durchschnittliche Dienstzeit von 24 Stunden für ihn vorsieht. Grundlage des Dienstplans ist der Rahmendienstplan, den die Einigungsstelle mit Spruch vom 23. Oktober 2006 beschloss. Gemäß Ziffer 8 des Spruches basieren die Rahmendienstpläne auf der tariflichen Sonderregelung Anhang zu § 9 B TVöD VKA für Rettungsdienste, wobei Bereitschaftsdienste in den ausgewiesenen Schichten nicht enthalten sind. Erläuternd wird im Spruch der Einigungsstelle zu dem Rahmendienstplanturnus darauf hingewiesen, dass die Schichten auf Arbeitszeit inklusive Bereitschaftszeit basieren. Diese Betriebsvereinbarung (Spruch der Einigungsstelle) trat am 1. November 2006 in Kraft.

Der Kläger erhielt für November und Dezember 2006 Vergütung nach der Tarifgruppe EG 6 und der Tarifstufe 6 auf der Grundlage einer Teilzeit von 19,25 Stunden. Ab Januar 2007 zahlt die Beklagte dem Kläger Arbeitsvergütung auf der vorgenannten tariflichen Grundlage mit einer Teilzeit von 19,5 Stunden.

Der Kläger meint, die von ihm über 19,25 beziehungsweise 19,5 Stunden hinaus erbrachten Arbeitszeiten seien als Mehrarbeit zu vergüten, und zwar basierend auf einer Arbeitszeit von 24 Stunden wöchentlich.

Der Kläger erstellte Tätigkeitsnachweise auf einem Formular der Beklagten für die Monate November 2006 bis Januar 2007 einschließlich. Mit der von ihm vorgenommenen Auswertung seiner Tätigkeitsnachweise gelangt der Kläger zu einer Auslastung von 91,9 Prozent. Wegen der Einzelheiten seiner Tätigkeitsnachweise und der vom Kläger vorgenommenen Auswertung wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Kopien (Bl. 27 44 d. A.).

Ein auf Veranlassung des Landrates des Kreises P. von der F. Dr. S. im März 2007 vorgelegtes Wirtschaftlichkeitsgutachten kommt – bezogen auf die Rettungswache E. – zu einer durchschnittlichen Arbeitsleistung der hauptamtlichen Rettungskräfte von 64,1 Prozent, mithin zu einer durchschnittlichen täglichen Bereitschaftszeit von 3,5 Stunden. Diese Kalkulation des mittleren Umfanges an Arbeitsleistung und der mittleren Arbeitsbereitschaft bezieht sich auf alle in der Rettungswache E. anfallende Schichten. Wegen der Einzelheiten de...

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