Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. Haftungsbegrenzung. Personenschaden. Vorsatz
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber haftet nur für Personenschäden bei einem Arbeitsunfall, wenn er nicht nur ein bestimmtes Handeln, das für den Unfall ursächlich war gewollt und gebilligt hat, sondern auch den Unfall selbst.
Normenkette
SGB VII § 104 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 19.08.2010; Aktenzeichen 1 Ca 139 b/10) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 19.08.2010 – 1 Ca 139 b/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten – ihrer Arbeitgeberin – aus Anlass eines Unfalls vom 04.01.2009 Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht für zukünftige Schäden.
Die Klägerin ist am …1961 geboren und bei der Beklagten als Krankenschwester in der Psychiatrieabteilung beschäftigt. Am 04.01.2009 rutschte sie gegen 9:45 Uhr im Bereich einer neben dem Haupteingangsbereich des Klinikums E. liegenden Tür zur Psychiatrieabteilung auf dem Weg zum Dienstantritt aus und brach sich mehrfach den linken Oberarm. Der Heilungsverlauf ist langwierig. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten und Folgen dieser Verletzung wird auf den bei den Akten befindlichen ärztlichen Zwischenbericht vom 04.08.2009 (Anl. K 4, Bl. 13 f. d. A.), den bei den Akten befindlichen vorläufigen Entlassungsbericht (Anl. K 5, Bl. 15 ff. d. A.) sowie das bei den Akten befindliche erste Rentengutachten der BG Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege vom 15.04.2010 (Anl. K 11, Bl. 67 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Beklagte hatte einen Räumdienst eingerichtet. Das Klinikgelände war unstreitig geräumt und zum wesentlichen Teil auch gestreut (Klageschrift – Bl. 2 d. A./ Berufungsbegründung Bl. 108 d. A.). Auch die Wege zum Haupteingang der Klinik und zur nur mittels eines Schlüssels zu öffnenden Nebeneingangstür waren geräumt (Berufungsbegründung S. 2 – Bl. 108 d. A.). Ob direkt am Unfallort gestreut war, ist streitig. Zum Unfallzeitpunkt schien die Sonne. Der Bereich vor dem Haupteingang war nach den Erklärungen der Klägerin im Kammertermin vom 19.08.2010 trocken und es lag dort Sand. Der Bereich vor der Nebeneingangstür sah feucht aus (Bl. 76f d. A.).
Die Klägerin hat stets behauptet, am Unfallort habe sich am 04.01.2009 eine Eisplatte gebildet, die entgegen der sonstigen Flächen nicht geräumt bzw. abgestreut gewesen sei. An diesem Tag hätten Temperaturen unter 0°Celsius geherrscht. Der Klinikleitung sei bekannt gewesen, dass der Eingangsbereich sehr schnell sehr glatt werde. Die Beklagte habe zumindest bedingt vorsätzlich ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt und habe deshalb Schadensersatz und auch Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 18.000,00 EUR zu leisten. Die Beklagte hat dem stets entgegengehalten, sie habe regelmäßig gestreut und kontrolliert, auch noch am Morgen des 04.10.2009. Abgesehen davon sei eine etwaige – bestrittene – kurzfristige Glättebildung mit zumutbaren Mitteln nicht zu verhindern gewesen. Im Übrigen habe die Klägerin den Haupteingang benutzen müssen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, eine Ersatzpflicht der Beklagten entfalle gem. § 104 SGB VII. Der als Arbeitsunfall einzuordnende Sturz sei nicht auf eine vorsätzliche Pflichtverletzung der Beklagten zurückzuführen, so dass eine Haftung kraft Gesetzes ausgeschlossen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 19.08.2010 verwiesen.
Gegen dieses der Klägerin am 13.09.2010 zugestellte Urteil hat sie am 08.10.2010 Berufung eingelegt, die am 12.11.2010 begründet wurde.
Die Klägerin ergänzt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist nach wie vor der Ansicht, der Beklagten sei zumindest bedingter Vorsatz anzulasten.
Die Klägerin beantragt zuletzt nur noch,
unter Abänderung des am 19.08.2010 verkündeten und am 13.09.2010 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Elmshorn – Az. 1 Ca 139 b/10 –
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 18.000,00 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2009 zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die ihr in Zukunft aus dem Arbeitsunfall vom 04.01.2009 in E. entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen;
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sit...