Revision / Rechtsbeschwerde / Revisionsbeschwerde zugelassen nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdachtskündigung. Ausschlußfrist nach § 626 Abs. 2 BGB. Aussagegenehmigung
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1-2; ZPO § 376; AO § 30; StGB § 353d
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 21.09.1983; Aktenzeichen 4a Ca 1040/83) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 21. September 1983 – 4a Ca 1040/83 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Gründe
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, die die Beklagte dem Kläger gegenüber unter dem 27.5.1983 erklärt hat.
Hinsichtlich des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO auf das angefochtene Urteil nebst seinen Verweisungen und die im Berufungsrechtszuge gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist dem Wert des Beschwerdegegenstandes nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Die Berufung konnte jedoch aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils keinen Erfolg haben. Insoweit bezieht sich die Berufungskammer gemäß § 543 ZPO in vollem Umfang auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Angriffe der Berufung können eine abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht rechtfertigen.
Das Arbeitsgericht ist bei seiner rechtlichen Würdigung zutreffend von § 626 Abs. 1 BGB ausgegangen. Es hat den Verdacht einer strafbaren Handlung zutreffend als Kündigungsgrund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB herausgestellt, denn der wichtige Grund kann auch aus dem Verdacht einer strafbaren Handlung hergeleitet werden, wenn es gerade der Verdacht ist, der das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen in die Rechtschaffenheit des Arbeitnehmers zerstört oder in anderer Weise zu einer unerträglichen Belastung des Arbeitsverhältnisses führt (BAG AP 1, 5, 9, 13 zu § 626 BGB – Verdachtskündigung –; LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.2.1981 8 Sa 86/80; ständige Rechtsprechung).
Das Arbeitsgericht hat richtig erkannt, daß der von der Beklagten vorgetragene und anhand von Urkunden belegte Sachverhalt in Verbindung mit dem Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichts Kiel vom 22.4.1983 den Tatbestand des dringenden Verdachts der Abgabenhinterziehung und Urkundenfälschung erfüllt.
Die Beklagte hat rechtzeitig innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB die außerordentliche Kündigung ausgesprochen. Die von der Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründe waren nicht verfristet. Die Ausschlußfrist beginnt erst, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat. Der Kündigende, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur fristlosen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne daß die Frist zu laufen beginnt (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20. Februar 1984 5 Sa 325/83; vgl. auch Stahlhacke Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 4. Aufl. Rdnr. 343 ff auf S. 128 und S. 129). Zwar hat der Angestellte K. der Beklagten, wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung vom 19.3.1984 erfolgten Vorlage der Fotokopie des Aktenvermerks des Zollfahndungsamts Kiel vom 31.1.1983 aus den Vorermittlungsakten 4a AR 35/83 der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel ergibt, Kenntnis davon gehabt, daß der Kläger an der sogenannten Belieferung des polnischen Schiffes „P.” vom 19.11.1982 beteiligt war und daß deshalb durch den Abteilungsleiter B. dem Kläger Vorhaltungen gemacht worden sind und vermutet, daß es sich um eine „krumme Sache mit dem M/S „P.” gehandelt habe. Wenn die Beklagte ihre Kündigung ausschließlich auf die angebliche Belieferung des Schiffes P. gestützt und nur daraus ihren Verdacht hergeleitet hätte, wäre möglicherweise eine allein darauf gestützte Kündigung vom Mai 1983 verfristet, wäre K. der Kündigungsberechtigte gewesen. Der Kläger verkennt jedoch, daß die Beklagte aus einer Gesamtschau der dem Kläger vorgehaltenen Lieferscheine mit unrichtigen Angaben und der Kenntnis vom Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichts vom 22.4.1983, ihren dringenden Verdacht herleitet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend diesen Sachverhalt seinen Entscheidungsgründen zugrundegelegt. Das Arbeitsgericht durfte die Aussagen des Zeugen W. verwerten, weil die Aussagegenehmigung gemäß § 376 ZPO vorlag. Der Kläger hatte keinen Anspruch darauf, daß ihm vor der Vernehmung des Zeugen vom Gericht mitgeteilt wurde, daß eine Aussagegenehmigung eingeholt worden ist. Die Aussagegenehmigung ist gemäß § 376 Abs. 3 ZPO ausschließlich dem Zeugen gegenüber bekannt zu geben, weil dieser dadurch von der seinem Dienstherrn gegenüber bestehenden Schweigepflicht entbunden wird. Ein Verstoß gegen § 30 AO liegt nicht vor, denn das Datum der Unterrichtung der Beklagten über den Durchsuchungsbeschluß ist nicht Gegenstand des Steuergeheimnisses. Die Zeugenbekundungen des Zeugen von W. haben auch nicht gegen § 353 d StGB verstoßen. Die Tathandlung ...