Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Zeitvertrag. Höchstdauer der Befristung. Auslegung des § 3 Abs. 1 TVK. Sachlicher Grund für Befristung. Aneinanderreihung mehrerer befristeter Verträge. Objektive Umgehung zwingenden Künd.schutzes
Normenkette
BGB § 620; BAT SR 2 y Nr. 1 Protokollnotiz Nr. 2; BErzGG § 21 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 24.10.1996; Aktenzeichen 1b Ca 1515/96) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.10.1996 – AZ: 1b Ca 1515/96 – teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
2. Die Anschlußberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits – beider Rechtszüge – werden dem Kläger auferlegt.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines befristeten Arbeitsvertrages sowie darüber, ob der Kläger vollzeitig weiterzubeschäftigen ist.
Der unverheiratete 31-jährige Kläger ist seit dem 19.08.1982 als 2. Fagottist im Philharmonischen Orchester der Hansestadt Lübeck tätig.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) vom 1. Juli 1971 Anwendung.
§ 3 TVK enthält unter der Überschrift „Begründung des Arbeitsverhältnisses” in Absatz 1, Unterabs. 2 folgende Regelungen:
„Zeitverträge dürfen nur abgeschlossen werden, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Musikers liegende Gründe vorliegen. Der Abschluß von Zeitverträgen für die Dauer von mehr als drei Jahren ist unzulässig.”
In der Protokollnotiz hierzu heißt es:
„Zeitverträge sind Verträge, die durch Ablauf der im Arbeitsvertrag bestimmten Zeit oder durch Eintritt des im Arbeitsvertrag bestimmten Ereignisses enden.”
Der Kläger war aufgrund befristeter Verträge vom 19.08. – 30.11.1992 zunächst als Aushilfsmusiker sowie vom 01.12.1992 – 18.07.1993 als Vollzeitvertretung für die sich im Erziehungsurlaub befindende Frau R. beschäftigt worden. Vom 19.07. – 08.08.1993 waren Orchesterferien. Aufgrund weiterer befristeter Arbeitsverträge war der Kläger vom 09.08.1993 bis zum 31.07.1994, vom 01.08.1994 – 31.07.1995 und vom 01.08.1995 – 31.07.1996 halbtags tätig. In dem letzten befristeten schriftlichen Arbeitsvertrag vom 23.05.1995 heißt es u. a.:
„Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum Ablauf des Tages vor der Wiederaufnahme einer Ganztagstätigkeit bzw. dem Ausscheiden von Frau R. und endet spätestens mit Ablauf des 31.07.1996, ohne daß es einer Kündigung bedarf.”
Zum 31.07.1996 endete der Erziehungsurlaub von Frau R., die bis dahin als Fagottistin mit halber Stelle gearbeitet hat. Seit dem 01.08.1996 hat Frau R. wieder ihre volle Stelle inne.
Mit seiner am 08.05.1996 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger sowohl gegen die Befristung seines letzten Arbeitsvertrages als auch gegen die Beschränkung seiner Beschäftigung auf Teilzeit gewandt. Er hat hierzu die Auffassung vertreten, daß beides mit den Regelungen des TVK nicht vereinbar sei. Er sei aufgrund von Zeitverträgen länger als drei Jahre tätig, da der Zeitraum während der Orchesterferien vom 19.07. – 08.08.1993 nicht als Unterbrechung zu werten sei. Dies sehe auch die Beklagte so; denn sie habe in der Abrechnung seiner Bezüge für August 1993 – unstreitig – als Eintrittsdatum den 19.08.1992 angegeben.
Anders als der BAT enthalte der TVK keine Teilzeitregelung. Deshalb sei die Beschränkung seiner Tätigkeit auf Teilzeitarbeit unzulässig. Ein von beiden Tarifvertragsparteien gemäß § 4 Abs. 4 TVG genehmigter Vergleich, mit dem er, der Kläger, auf seine Ansprüche auf volle Beschäftigung und volle Vergütung verzichtet hätte, liege nicht vor.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten weder mit Ablauf des Tages vor der Wiederaufnahme der Ganztagstätigkeit bzw. dem Ausscheiden von Frau R. aus dem Orchester der Hansestadt Lübeck noch mit Ablauf des 31.07.1996 endet.
- festzustellen, daß der Kläger unbefristet vollzeitig zu beschäftigen und zu vergüten ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im wesentlichen die Ansicht vertreten, daß der letzte befristete Arbeitsvertrag wirksam gewesen sei, da er sich nur auf ein Jahr erstreckt habe und die in § 3 Abs. 1 TVK vorgeschriebene Höchstdauer von drei Jahren nicht überschritten worden sei. Doch selbst wenn man mit dem Kläger § 3 Abs. 1 dahingehend auslegen wollte, daß entgegen der Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 SR 2 y BAT hier die Höchstgrenze von drei Jahren nicht nur für den einzelnen Zeitarbeitsvertrag, sondern für die Dauer aller befristeten Verträge insgesamt gelte, wäre auch bei dieser Betrachtungsweise keine Überschreitung der Höchstdauer von drei Jahren gegeben. Der befristete Vertrag vom 01.12.1992 – 08.07.1993 könne nicht als Einheit mit den drei später abgeschlossenen Arbeitsverträgen angesehen werden. Dazwischen liege eine Unterbrechung von 22 Tagen wegen der Orchesterferien und...