Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Wirksamkeit der Aufhebung einer Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vergütungssystem für den Fall eines Betriebsübergangs
Leitsatz (amtlich)
1. Die Betriebspartner können grundsätzlich die Aufhebung einer (hier: Gesamt-) Betriebsvereinbarung für den Fall eines Betriebsübergangs vereinbaren und damit das Vergütungsniveau im Betrieb zu einem Zeitpunkt vor der Veräußerung absenken.
2. Eine solche Vereinbarung bedarf der Zustimmung der Tarifvertragsparteien.
3. Wird diese Zustimmung erteilt, hat der auf eine Vergütung nach dem bisherigen Vergütungsniveau klagende Arbeitnehmer die Tatsachen vorzutragen, die für eine rechtsmissbräuchliche Umgehung des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB sprechen.
4. Eine zum Zwecke der Sanierung des Betriebs erfolgte Absenkung des Vergütungsniveaus durch die Aufhebung einer Betriebsvereinbarung zu einem Zeitpunkt 24 Stunden vor einem Betriebsübergang ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn ihr die Tarifvertragsparteien zugestimmt haben.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 23.03.2017; Aktenzeichen 1 Ca 1086 c/16) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 23.03.2017 - 1 Ca 1086 c/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten nach einem Betriebsübergang über die Höhe der dem Kläger zustehenden Vergütung.
Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er ist seit dem 01.03.1998 bei der Streithelferin in deren Niederlassung in K. beschäftigt. Diese Niederlassung war bei der Streithelferin als eigener Betrieb mit einem Betriebsrat organisiert. Die Streithelferin war und ist kraft Verbandszugehörigkeit an die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft des Kfz-Gewerbes in S-H. sowie an die Tarifverträge für Betriebe des Kraftfahrzeug- und Tankstellengewerbes in B-W. gebunden.
Am 31.07.2009 schloss die Streithelferin mit ihrem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vergütungssystem "E.-N." in den Niederlassungen, TruckStores und Logistik-Centern der D. AG (Anlage B 3 im Folgenden: GBV E.-N.) sowie eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Einführung des Vergütungssystems in den Niederlassungen, TruckStores und Logistik-Centern der D. AG "E.-N." (Anlage B 4). Die GBV E.-N. trat zum 01.07.2010 in Kraft und war frühestens zum 31.12.2017 kündbar. Sie sieht einen Entgeltaufbau in 3 Bestandteilen vor. Die Beschäftigten werden in 17 Entgeltgruppen eingeteilt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlagen B 3 und B 4 verwiesen.
Am 15.12.2009 schlossen die IG Metall Bezirk B-W. und die Tarifgemeinschaft für Betriebe des Kraftfahrzeug- und Tankstellengewerbes B-W. einen Zusatztarif (Anlage B 5; im Folgenden: ZTV 2009). Dieser trat zum 01.07.2010 in Kraft und lautet auszugsweise:
1. Geltungsbereich
Dieser Zusatztarifvertrag gilt
1.1 räumlich und fachlich
für die M-B.-Niederlassungen, TruckStores und Logistik-Center der D. AG in B-W.
...
3. Vergütungssystem
Abweichend von den Bestimmungen in den Anlagen 1a, 1b und 2 des MTV Kfz-Gewerbe B-W., gelten für die Beschäftigten im Geltungsbereich nachfolgende Bestimmungen.
3.1 Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vergütungssystem E. N.
Es kommen die Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vergütungssystem in den Niederlassungen, TruckStores und Logistik-Centern der D. AG vom 31.07.2009 zur Anwendung.
3.2 Grundentgelt
Die Beschäftigten erhalten ein tarifliches Grundentgelt gemäß der in der Anlage 1 beigefügten Tabelle (Entgeltgruppenschlüssel).
Die Berechnung der Entgelte für die einzelnen Standorte wird in Anlage 2 beschrieben. Das Verfahren der Grundentgeltfindung wird durch Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt.
Für die Auszubildendenvergütung gelten zum Einführungsstichtag des E.-Vergütungssystems die Entgelte gemäß Anlage 3.
Das Grundentgelt, die Berechnung der Entgelte für die einzelnen Standorte und die Höhe der Auszubildendenvergütungen werden zum Einführungsstichtag des E.-Vergütungssystems festgesetzt.
3.3 Leistungsentgelt und Erschwerniszulage
Die Beschäftigten erhalten ein Leistungsentgelt von minimal 0% und maximal 30% des individuellen Grundentgeltanspruchs. Das Verfahren zur Bestimmung des Leistungsentgelts wird durch Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt. Voraussetzungen und Höhe der Erschwerniszulage im Einzelnen richten sich nach Ziff. 2.4. der Gesamtbetriebsvereinbarung.
...
3.5 Ausgleichsbetrag
Für jeden Beschäftigten wird das bisherige Monatsentgelt mit seinen aktuellen Bestandteilen zum Zeitpunkt der E.-Einführung ermittelt und mit dem Monatsentgelt nach der E.-Einführung verglichen. Soweit das bisherige Monatsentgelt das Monatsentgelt nach E.-Einführung übersteigt, stellt der Differenzbetrag einen Ausgleichsbetrag dar. Entstehung und Ermittlung des Ausgleichsbetrages werden durch Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt.
5. Inkrafttreten und Kündigung
Dieser Zusatzvertrag tritt am 1. Juli 2010 in Kraft. Änderungen der Gesamtbetriebsvereinbarung zum V...