Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Vereinbarung des Ausschlusses sachgrundloser Befristung des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Die Arbeitsvertragsparteien können die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung vertraglich ausschließen. Die Benennung eines Sachgrundes im Arbeitsvertrag allein reicht nicht aus, um anzunehmen, dass eine entsprechende Vereinbarung vorliegt. Vielmehr müssen im Einzelfall noch zusätzliche Umstände hinzutreten (BAG, Urteil vom 29.06.2011 - 7 AZR 774/09 -).
2. Der Hinweis auf einen konkreten Befristungsgrund in einem Vermerk zum Arbeitsvertrag, in dem auch die Zuweisung des Arbeitsplatzes und der Hinweis auf § 38 Abs. 1 SGB III enthalten ist, kann regelmäßig nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass der Arbeitgeber mit der Angabe des Befristungsgrundes zugleich mit vertraglichem Bindungswillen auf die rechtliche Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG verzichten wollte.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 29.03.2012; Aktenzeichen 4 Ca 1447 c/11) |
Tenor
1.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 29.03.2012, Az. 4 Ca 1447 c/11, wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses sowie davon abhängiger Gehaltsansprüche der Klägerin.
Die 1966 geborene Klägerin war bei der Beklagten auf Grundlage zweier befristeter Arbeitsverträge vom 04.01.2010 bis zum 31.12.2011 in Teilzeit zu einem Monatsgehalt von zuletzt EUR 2.628,05 brutto beschäftigt. Der erste befristete Arbeitsvertrag vom 22.12.1999 wurde für die Zeit vom 04.01.2010 bis zum 31.12.2010 abgeschlossen (Bl. 9 f. d.A.). In einem "Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag" vom 22.12.2009 heißt es u.a. (Bl. 11 d.A.):
"Einstellung von Frau Eva S.n, geb. 1966, als Persönliche Ansprechpartnerin mit Fallmanagementaufgaben (U25/ Ü25) im Bereich SGB II in der A. S., LZ N. mit befristetem Arbeitsvertrag nach TzBfG für den Zeitraum vom 04.01.2010 bis 31.12.2010 bei der Agentur für Arbeit E..
Befristungsgrund:
§ 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG (vorübergehender betrieblicher Bedarf; siehe Anlage)
...."
In der Anlage heißt es (Bl. 12 d.A.):
"Es besteht folgender 'sachlicher Grund' für die Einstellung der 8 IFK im Rahmen der Perspektive 50+: Sowohl in wirtschaftlicher als auch in organisatorischer Hinsicht werden die Rahmenbedingungen für die Aufgabenerledigung in der A. S. (wie auch in anderen A.) im Jahr 2010 sehr schwierig. Trotzdem wird es (auch auf Wunsch des BMAS) ambitionierte Zielvereinbarungen geben, die von einer relativ hohen Integrationsquote ausgehen. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es der Einstellung zusätzlicher Integrationsfachkräfte, die sich ausschließlich um den Personenkreis der Ü50 Kunden kümmern. Hier gibt es ein hohes Potenzial an vermittlungsfähigen Menschen, bei denen allerdings auch ein hoher Betreuungsaufwand nötig ist. Arbeitgeber müssen besonders angesprochen und die Kunden müssen in ihren Bewerbungsbemühungen besonders begleitet werden. Das BMAS fördert deshalb die Einstellung der IFK für diese besondere BewA-orientierte Vermittlungsarbeit."
Mit Änderungsvereinbarung vom 17.12.2010 wurde der Vertrag bis zum 31.12.2011 verlängert (Bl. 13 d.A.). In dem "Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag" aus Dezember 2010 war wiederum vermerkt (Bl. 14 d.A.):
"Befristungsgrund:
§ 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG (vorübergehender betrieblicher Bedarf - Perspektive 50+; siehe Anlage)
..."
Bereits Ende des Jahres 2010 wurden die finanziellen Mittel für die dritte Phase des Beschäftigungspaktes Perspektive 50+ vom zuständigen Bundesministerium für Arbeit zugesagt. Die dritte Phase des Projektes startete am 01.01.2011 und läuft bis 31.12.2015.
Die Klägerin hat gemeint,
die Befristung sei unwirksam. Ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2011 liege nicht vor. Der Beklagten sei es verwehrt, sich auf die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung zu berufen. Die Beklagte habe durch die Anmerkung und die Anlagen sowohl zum Arbeits- als auch zum Verlängerungsvertrag deutlich gemacht, dass die Beklagte sich ausschließlich auf den Bestand des Projektes Ü50+ als Sachgrund für die Befristung berufen wollte. Dies sei auch Inhalt der Einstellungs- und Verlängerungsgespräche gewesen. Die Teamleiterin des Projektes 50 Plus, Frau M., habe sie in Gegenwart der Bereichsleiterin Markt und Integration Job Center Kreis S., Frau G., ausführlich über den im Vermerk festgelegten Sachgrund informiert und erklärt, dass der Fortbestand des Projektes vom Erreichen zuvor festgelegter Ziele abhängig sei und sie, die Klägerin, mithin selbst Einfluss auf den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses habe. Im November 2010 habe Frau M. ihr mitgeteilt, dass die dritte Projektphase bis zum Jahr 2015 mit zumindest der ursprünglichen Personalstärke von acht Arbeitsvermittlern fortge...