Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung, verhaltensbedingt, Personaleinkauf, Verstoß, Personalrabatt, Nachbar, Eigenbedarf, Personalkauf, Rabattverstoß, Übermaßentscheidung, Abmahnung, Nachbarschaftshilfe, Personalrabattregelung
Leitsatz (amtlich)
Wendet ein Arbeitnehmer einen nur ihm und seinen Verwandten zustehenden Personenrabatt einem Nachbarn zu, indem er dem Arbeitgeber vorspiegelt, es handele sich um einen Personaleinkauf, so schädigt er vorsätzlich das Vermögen des Arbeitgebers. Wenn der Arbeitnehmer diese verdeckte Personalrabattgewährung heimlich, nämlich unter bewußter Unterlaufung der Kontrollvorrichtungen des Arbeitgebers, durchführt, ist das Vertrauen in seine Redlichkeit so erheblich erschüttert, daß der Arbeitgeber berechtigt ist, eine verhaltensbedingte Kündigung i. S.v. § 1 KSchG auszusprechen. Eine Abmahnung des Arbeitnehmers ist vor der Kündigung nicht erforderlich, weil das Fehlverhalten des Arbeitnehmers sich als gravierende Störung im Vertrauensbereich darstellt.
Normenkette
KSchG § 1; RbtG § 9; RbtG § 12; UWG §§ 12, 23a
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 11.02.1998; Aktenzeichen 6 Ca 2351 d/97) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11. Februar 1998 – 6 Ca 2351 d/97 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Neuer Streitwert: 23.298,– DM.
Gründe
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung der Beklagten und über Vergütungsansprüche.
Wegen des Sach- und Streitstandes, wie er in erster Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, und wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz auf den Inhalt ihrer während der Berufung gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist dem Werte des Beschwerdegegenstandes nach statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden.
Die Berufung ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet und daher zurückzuweisen gewesen. Insoweit wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Soweit die Klägerin nunmehr behauptet, das vermeintliche C-Rundschreiben 1/94 habe ihr nicht vorgelegen, ist dieser Vortrag unzutreffend. Die Klägerin hat bereits in der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 1998 nach Vorlage von Original und Ablichtung eines Rundschreibens der Beklagten aus 1994 vor „C-Rundschreiben 1/94” erklärt: „Es trifft zu, daß ich dieses Rundschreiben gesehen und unterzeichnet habe”. Dabei handelt es sich um ein prozessuales Geständnis, das die Klägerin gegen sich gelten lassen muß. Damit war die Klägerin über die Handlungsweise und die Verbote betreffend Personaleinkauf umfassend instruiert. Davon ist das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen.
Die Ansicht der Klägerin, aus der Formulierung der Anweisung: „Die Kassiererin darf eigene Käufe sowie Verwandte nicht selbst abkassieren”, folge wegen vager Formulierung nicht eindeutig, daß sie das Verbot wohl nicht erkannt habe, ist abwegig. Daß ihr Nachbar, in dessen Interesse sie ihren Personalrabatt als Kassiererin eingesetzt hat, weder ihr Verwandter war noch daß es sich um einen eigenen Kauf handelte, ist eindeutig. Die Klägerin hat daher bewußt gegen die Bestimmungen des Personaleinkaufs verstoßen. Die Behauptung der Klägerin, daß der Zeuge Eh. alle Umstände des Personaleinkaufs legitimiert hätte, in dem er den Einkaufsschein unterschrieb, trifft ebenfalls nicht zu. Der Filialleiter Eh. … hat im Schreiben vom 31. Juli 1997 der Personalleitung in Lübeck den Sachverhalt mitgeteilt und die Klägerin darauf hingewiesen, daß „Lübeck” entscheide, wie es weitergehe. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, daß das Abzeichnen des Einkaufsscheines gerade nicht eine Legitimation des Personaleinkaufs darstellt, zumal Eh. deutlich gemacht hatte, daß er dafür keine Kompetenz hatte.
Die von der Klägerin gerügte Interessenabwägung hat das Arbeitsgericht vorgenommen. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Beklagte schließlich mit dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung auch Rücksicht auf die Interessen der Klägerin genommen habe. Diese Rücksichtnahme der Beklagte könne die Klägerin nicht gegen diese verwenden; es gehe nämlich insoweit lediglich um die sich im Rahmen einer Interessenabwägung ergebende Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für einen begrenzten und überschaubaren Zeitraum, in dem die Risiken kalkulierbar sind. Ihre Behauptung vom Fehlen des Unrechtsbewußtseins ist ebenfalls nicht zutreffend. Die Klägerin hat die verdeckte Personalrabattgewährung heimlich vorgenommen. Sie hat bewußt die Kontrollvorrichtung der Beklagten unterlaufen. Sie hat entgegen der Anweisung der Beklagten weder diesen Personalverkauf vor dem Kassiervorgang durch den Filialleiter gegenzeichnen lassen, noch davon Abstand genommen, wie das Arbeitsgericht auch zutreffend festgestellt hat, den Kassiervorgang für diese als eigene bzw. Waren ihrer Verwandtschaft...