Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 81
Bindungsklauseln sind Vereinbarungen, die den Anspruch des Arbeitnehmers auf eine vom Arbeitgeber gewährte Sonderzahlung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt knüpfen. Teilweise wird als zusätzliche Voraussetzung verlangt, dass das Arbeitsverhältnis zum Stichtag ungekündigt ist. Mit beiden Varianten soll nach dem Willen des Arbeitgebers die Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnt werden. Dagegen ist das Interesse des Arbeitnehmers abzuwägen, seinen Arbeitsplatz innerhalb einer angemessenen Frist ohne finanzielle Einbußen wechseln zu können. An Sonderzahlungen anknüpfende Bindungsklauseln dürfen deshalb den Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit behindern. Insoweit unterliegen sie auch der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.
Rz. 82
Die Zulässigkeit von Bindungsklauseln hängt maßgeblich davon ab, ob die Sonderzahlung eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit darstellen soll oder ob sie allein aus anderen Gründen gezahlt wird. Welcher Leistungszweck mit einer Sonderzahlung verfolgt wird, beurteilt das BAG anhand einer Auslegung der vertraglichen Regelung. Die Bezeichnung der Leistung ist nicht entscheidend. So kann beispielsweise eine als "Weihnachtsgeld" bezeichnete Leistung je nach vertraglicher Ausgestaltung als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung oder zur Honorierung von Betriebstreue erbracht werden. Maßgeblich kommt es darauf an, von welchen Voraussetzungen die Zahlung abhängig gemacht wird. Ist sie etwa dem Grunde oder der Höhe nach davon abhängig, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum Arbeitsleistung erbracht hat, hat die Sonderzahlung in aller Regel Vergütungscharakter. Für den Vergütungscharakter spricht es auch, wenn die Sonderzuwendung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung (25 %) ausmacht. Auch weitere Indizien können für den Vergütungscharakter sprechen, etwa eine anteilige Gewährung bei unterjährigem Eintritt. Fehlt es an eindeutigen Anhaltspunkten in der Regelung, wird der Vergütungscharakter vermutet.
1. Sonderzahlungen mit Vergütungscharakter
Rz. 83
Nach der Rechtsprechung des BAG sind formularvertragliche Bindungsklauseln immer dann unzulässig, wenn die Sonderzahlung als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit erbracht wird und die Klausel beim Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt zum Wegfall der Leistung führt, zu dem er die vergütete Arbeitsleistung bereits erbracht hat. Das BAG sieht hierin einen Eingriff in das vertragliche Synallagma. Der Entzug bereits verdienten Entgelts sei mit der gesetzlichen Wertung des § 611 Abs. 1 BGB nicht vereinbar und beeinträchtige den Arbeitnehmer stets unangemessen in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit zur selbstbestimmten Arbeitsplatzaufgabe. Auf die Dauer der Bindung kommt es dabei nicht an. Diese Grundsätze gelten nach der jüngeren Rechtsprechung gleichermaßen, wenn mit der Leistung neben dem Vergütungszweck zusätzlich noch weitere Zwecke verfolgt werden (Sonderzahlung mit Mischcharakter). Unzulässig sind nicht nur Klauseln, die die Auszahlung der Leistung von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem Stichtag nach dem Ende des Zeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde abhängig machen. Auch eine Klausel, die einen Stichtag innerhalb des Bezugszeitraums bestimmt, ist grundsätzlich unwirksam, wenn die Sonderzahlung auch die bis zum Stichtag bereits erbrachte Arbeitsleistung vergüten soll. Das BAG begründet dies damit, dass der Wert der Arbeitsleistung regelmäßig nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis abhänge. Etwas anderes könne gelten, wenn die Arbeitsleistung gerade in einem bestimmten Zeitraum vor dem Stichtag besonderen Wert habe (z.B. bei Saisonbetrieben oder branchen- bzw. betriebsbedingten Besonderheiten). Möglich ist auch, dass eine Sonderzahlung an bis zu bestimmten Zeitpunkten eintretende Unternehmenserfolge anknüpft; in diesen Fällen ist eine zu bestimmten Stichtagen erfolgende Betrachtung oftmals zweckmäßig und nicht zu beanstanden (vgl. auch Rdn 84). Zu welchem Zeitpunkt die Vergütung (ggf. anteilig) verdient ist, ist durch Auslegung der Reg...